Eines der Bilder von Yvonne Thein, die derzeit die Welt schockieren

Nur noch ein bisschen Haut über dem Skelett. Fleisch ist so gut wie keines mehr vorhanden. Wären diese weiblichen Knochengerüste, die auf Bildern der derzeit in Berlin laufenden Ausstellung "Talents 10. Zweiunddreißig Kilo" der Fotografin Yvonne Thein zu sehen sind, nicht in Korsetts, Strümpfe und andere Dessous gehüllt, geschminkt und frisiert, könnte frau/man sie für KZ-Häftlinge im letzten Stadium der Auszehrung halten.

Schritt von extremer Schlankheit zu krankhafter Dünnheit minimal

Die deutsche Künstlerin Yvonne Thein hat für diese (Ab)Bilder normalgewichtige Frauen aus ihrem Bekanntenkreis fotografiert und danach die Fotos digital solange verändert, bis nur noch Haut und Knochen zu sehen waren und sich diese Frauen selbst nicht wiederkannt haben. Dieses Faktum der Verfremdung wird zwar in der Modefotografie immer eingesetzt, aber normalerweise nur bis zu einem noch erträglichen Maß. Thein dagegen will das Skurille noch mehr überzeichnen, um zu schockieren und zu zeigen, dass Anorexie jede/n treffen kann. Denn der Schritt von extremer Schlankheit zu krankhafter Dünnheit erweist sich als ein nur minimaler.

Pro-Ana-Bewegung

Hintergrund ihrer Thematisierung des pervertierten Strebens nach übersteigerter Magerkeit bildet die seit den 1990er-Jahren im Internet grassierende Pro-Ana-Bewegung (pro anorexia nervosa, die Magersucht zum Lifestyle erhebt. In diversen Foren tauschen sich Betroffene aus und geben einander Tipps zur weiteren Gewichtsreduktion.

Epidemisches Ausbreiten

Mit der fotografischen Serie "Zweiunddreißigkilo" versucht die Yvonne Thein einen Balanceakt zwischen der Inszenierung und Oberflächlichkeit der Modewelt, die nach wie vor - allen Zugeständnissen zum Trotz, keine Magermodels mehr einzusetzen - anorektische Körperbilder prolongiert, und der grauenhaften Tatsache des sich epidemischen Ausbreitens von Ess-Störungen. (dabu/dieStandard.at 17.04.2008)