IVF, In-vitro-Fertilisation, Verschmelzung von Samen- und Eizelle außerhalb des weiblichen Körpers, im Labor: Viele Versuche sind meist nötig, bis mithilfe dieser Technik ein Kind gezeugt wird, und niemand kann den Betroffenen sagen, ob ihre oft jahrelangen Bemühungen nicht überhaupt fruchtlos bleiben werden. Wie aber geht es den Frauen und Männern, die sich auf diese Weise um Nachwuchs bemühen? Diese Frage haben Monika Lengauer und Bernhard Hadolt in einer vom Wissenschaftsministerium geförderten Studie untersucht. Beide sind EthnologInnen, arbeiten also sozialwissenschaftlich.
Begleitung
Eineinhalb Jahre lang begleiteten sie acht Paare auf dem Weg, der zu einem künstlich gezeugten Kind führen sollte - "begleiteten" einerseits im Wortsinne, zu den Gesprächen mit den ÄrztInnen, zu den Behandlungen; andererseits durch eine Serie von Interviews, die die Veränderungen der Befindlichkeit, der Hoffnungen, der Partnerschaft der Betroffenen über den langen Zeitraum hinweg dokumentieren.
So vorzugehen, war in zweierlei Hinsicht ein Novum: Erstens werden Menschen, die sich den neuen Reproduktionstechnologien anvertrauen, in der Sozialforschung üblicherweise nur einmal interviewt und nicht über Monate hinweg mehrmals. Zweitens wurde die Methode der "teilnehmenden Beobachtung" in diesem Zusammenhang noch nie verwendet, erklärt Bernhard Hadolt. "Teilnehmende Beobachtung", das hieß zum Beispiel: Bevor sie mit ihren freiwilligen "Studienobjekten" zu arbeiten begannen, verbrachten die beiden ForscherInnen bereits drei Monate im Wiener AKH und waren bei unzähligen Beratungsgesprächen zum Thema IVF anwesend - im weißen Mantel, zusammen mit ÄrztInnen und StudentInnen. Das ärztliche Standardverhalten kannten sie also; und als sie später, in Zivil, die PatientInnen begleiteten, konnten sie untersuchen, wie sich das Auftreten der ÄrztInnen änderte - gegenüber den PatientInnen, weil die ForscherInnen anwesend waren, gegenüber den ForscherInnen, die keinen weißen Mantel mehr trugen.
Geschlechterrollen
Besonderes Augenmerk legten die beiden WissenschafterInnen bei der Auswertung ihrer Ergebnisse auf die Geschlechterrollen und deren Verfestigung oder Veränderung. "Die Reproduktionsmedizin ist ganz auf den weiblichen Körper orientiert", stellt Hadolt fest: "Die technischen Lösungen sind immer gynäkologisch, auch wenn in 30 Prozent der Fälle der Mann der unfruchtbare Teil ist, durch herabgesetzte Spermienqualität." Dadurch seien nicht nur die rein "technischen" Strapazen für die Frau erheblich größer als für den Mann, sondern auch die psychische Belastung: Schlage die Befruchtung fehl, so suchten die Frauen tendenziell die Schuld bei sich, während die Männer kaum in Identitätsprobleme gerieten. Umso wichtiger sei es, IVF als ein partnerschaftliches Projekt zu begreifen. Ob dies aber gelinge, hänge ganz von der Einstellung des Mannes ab.
Alles ausprobieren müssen