Graz - Die Kommunisten wollen salonfähig werden. Nach ihrem überraschenden Wahlerfolg in Graz bemüht sich die KPÖ - über die Stadtgrenzen hinaus - nun um breitere Akzeptanz auf dem innenpolitischen Parkett. "Wir wollen endlich als ganz normale Partei, die innerhalb des Verfassungsbogens steht, verstanden werden", sagt Landesparteichef Franz Stephan Parteder. Immerhin stehe die KPÖ in der Reihe der Mitbegründer der Zweiten Republik, argumentiert der Parteiideologe. Vom Grazer Wahlsieg animiert will die KPÖ nun einen Schritt weitergehen: Die Partei will nun auch bei den steirischen Landtagswahlen 2005 kandidieren. Parteder: "Wir haben gute Chancen."

Der KP-Chef ortet zumindest für den Grazer Raum bereits eine gewisse Änderung des Meinungsklimas. Dies liege ohne Zweifel an der Person Ernest Kaltenegger, dem Hauptverantwortlichen für das historische Grazer Wahlergebnis. Ein Ergebnis, das dem Zentralkomitee in Wien nicht vorbehaltlos schmeckte. Denn für die Wiener Führungskader der KP betrieben die unorthodoxen Grazer Genossen Kaltenegger und Parteder - beide kommen aus der SPÖ - eine allzu ideologieferne Politik. "Mit gutem Grund", sagt Parteder im STANDARD-Gespräch. "Man darf die Ideologie nicht wie ein Banner vor sich hertragen. Wir haben uns bemüht, die Ideologie alltagstauglich zu machen und zu schauen, was den Menschen real hilft. Uns geht es ums Handeln und nicht um irgendwelche scholastischen Diskussionen über das Wesen der Engel. Der Marxismus ist in der Krise, und der Osten war ein abschreckendes Beispiel. Die Theorie muss endlich den Praxistest bestehen."

Natürlich arbeite auch die KP in Graz auf dem festen weltanschaulichen Fundament, aber "es wäre illusorisch zu glauben, dass wir die große gesellschaftliche Veränderung erreichen können", sagt Parteder, der sich in den 70er-Jahren mit Beatles-Übersetzungen und Erzählungen ("Vandalen in der Märchengrottenbahn") auch literarisch versucht hatte.

Die Grazer Separatisten sind Pragmatiker, und pragmatisch ist auch ihr Zugang zum Tabuthema "Eigentum". Parteder: "Eine Verstaatlichung von allem und jedem ist sicher nicht anstrebenswert. Ein Wirtshaus zu verstaatlichen wäre Blödsinn, genauso wie einen Fünfjahresplan für die Nahversorger einzuführen." Diese "revolutionär-bürgerliche" Grazer Sicht der Dinge werde allerdings hart kritisiert: von den "Ultralinken" in der KP. Da haben die unorthodoxen Grazer freilich ein bestechendes Argument entgegenzusetzen: 21 Prozent. (DER STANDARD, Printausgabe, 8.2.2003)