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"Brave Mädchen" - "schlimme Buben"?
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"Koedukation", die gemeinsame Erziehung von Mädchen und Buben im öffentlichen Bildungswesen, tauchte zuallerst in Skandinavien in den 70er-Jahren des 19. Jahrhunderts auf. Die UDSSR folgte 1917, die DDR 1945. Allgemein verbreitet ist Koedukation bzw. KO-Instruktion, erst seit den späten 60er-Jahren des vorigen Jahrhunderts, was im Konnex mit dem Enstehen der Neuen Frauenbewegung und der damit verbundenen Forderung nach gleicher Bildung von Mädchen zu sehen ist.

Was hat die Koedukation gebracht?

Ergebnisse der Forschung seit den 80er-Jahren belegen, dass bei gemeinsamen Unterricht die Situation, Bedürfnisse und Wünsche von Mädchen weniger berücksichtigt werden als die der Buben. Alte Rollenbilder werden fortgeführt, d.h., dass sich der Unterricht an den Buben orientiert. Um diese Defizite auszugleichen, wurden auf Initiative der Frauenbewegung Mädchengruppen initiiert und/oder Mädchenschwerpunkte neben dem "normalen" Unterricht gesetzt. Gleichzeitig wurden begleitende Unterrichtsmaterialen mit veränderter Rollendarstellung und -hinterfragung geschaffen.

Solange jedoch in Familie, Gesellschaft, Politik und Wirtschaft für Frauen und Männer unterschiedliche Aufgaben, eine "typische" Arbeitsteilung und allgemeiner Sexismus - vor allem in der medialen Darstellung - weiterhin existieren, wird eine derartige Orientierung nur begrenzt wirksam sein.

Außerdem wurde in Untersuchungen belegt, dass geschlechtstypische Leistungsstärken und -schwächen - Mädchen sind Sprachgenies, Buben sind technisch begabt - sowie Teamfähigkeit, Selbstbewusstsein, Konkurrenzverhalten - durch die Lehrpläne nach wie vor gefördert werden. Die typischen tradierten Beispiele sind:

Mädchen seien zurückhaltend, fleißig, kooperativ, nicht so selbständig. Buben seien faul, aggressiver, selbständiger und konkurrieren mehr. Und so erhalten in der Realität die durchschnittlich aggressiveren und lauteren Buben im Unterricht mehr Aufmerksamkeit. Demgegenüber werden die Interessen der Mädchen an gesellschaftlichen Zusammenhängen und Teamarbeit vernachlässigt.

Die reformierte Koedukation zielt darauf, Mädchen mehr Platz zu schaffen und Buben zum Platzmachen zu erziehen. Gleichzeitig wird zumindest eine zeitweise Trennung von Mädchen und Buben in bestimmten Fächern als förderlich erachtet. Eine generelle Geschlechtertrennung wird wieder diskutiert.

Konzepte

  • Aufmerksamkeitsverteilung: abwechselnd Mädchen und Buben aufrufen und auf die gleiche Länge der Redezeit achten

  • Abbau der Diskriminierung von Frauen-Darstellung in Schulbüchern

  • Rollenkritik durch Umkehr und Übertreibung

  • Ausrichtung des Unterrichts an den Interessen von Mädchen

    (dabu)