Karlsruhe - In den Mittelpunkt des US-amerikanischen Bemühens, die Weltgemeinschaft von den Rüstungsprogrammen des Irak zu überzeugen, ist der "Beweis" gerückt - ein Begriff, der vor allem im Strafprozess von Bedeutung ist. Hierzu weist die Konfrontation Washington-Bagdad durchaus Parallelen auf: Saddam Hussein ist sozusagen der Angeklagte, und US-Außenminister Colin Powell versucht als Vertreter der Anklage, dessen Schuld nachzuweisen. Würde er freilich den Maßstab eines amerikanischen Gerichtes anlegen, dann müsste Saddams Schuld "jenseits eines vernünftigen Zweifels" (beyond a reasonable doubt) feststehen.

Damit zeigt sich, dass der Vergleich zum Strafverfahren hinkt. Denn für die USA geht es um politische Überzeugungsbildung, nicht um eine rechtliche Urteilsfindung. Das bedeutet: Den Befürwortern eines Schlages gegen den Irak dürfte auch ein schwächerer Beweis genügen - den Gegnern dürfte allenfalls ein "rauchender Colt" in der Hand des Täters genügen.

Im deutschen Strafverfahren ist der Beweis weitgehend formalisiert. Zeugen, Sachverständige, Urkunden und Augenschein sind als Beweismittel zugelassen. Wie viel allerdings eine Aussage wert ist, unterliegt der freien Beweiswürdigung des Gerichtes. Sind die Richter nicht von der Schuld des Angeklagten überzeugt, dann müssen sie ihn freisprechen - nach dem Grundsatz "Im Zweifel für den Angeklagten".

Ein rationales Beweisverfahren hat sich erst im 13. Jahrhundert allmählich herausgebildet. Den Ausschlag über Schuld oder Unschuld gaben bis dahin Eide, gerichtliche Zweikämpfe zwischen Kläger und Beklagtem oder - gleichsam vom Himmel kommende - "Gottesurteile". Einen ersten Fortschritt brachte der Inquisitionsprozess, der auf das Geständnis des Angeklagten abstellte - ein Verfahren, das jedoch bald pervertiert werden sollte: Die Aussage wurde häufig durch Folter erzwungen.(APA/dpa)