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apa/schneider

Wien - Fest hält der Mann den Tausender. Er traue niemandem, sagt er. Deshalb bringt er sein Erspartes jetzt zizerlweise zur Nationalbank. Etliche Schillingtausender habe er noch zu Hause, grinst er und blickt listig um sich.

Der alte Herr steht mit zwei Dutzend anderen vor dem Schalter der Nationalbank (OeNB) in der Wiener Garnisongasse. Sie wollen ihre letzten Schillinge in Euro tauschen. Wo er seine Schillingtausender versteckt, verrät der Mann natürlich nicht. Bloß was er dann mit den eingewechselten Euro plant: noch mehr Bücher über Wien kaufen. "So ein dickes", deutet er mit großem Abstand zwischen Zeigefinger und Daumen die Ausmaße der künftigen Schwarte im Regal an.

Tausch nicht abgeschlossen

Der Währungsumtausch ist noch lange nicht abgeschlossen. "Bis zu 200 Menschen kommen täglich, um noch Geld zu wechseln", berichtet Martin Taborsky, verantwortlich für die Münzkassa in der Zentrale. In der Linzer Filiale "schaffen wir es manchmal gar nicht mit zwei Kassen", stöhnt dort ein Mitarbeiter.

"Die Leute kommen mit allem, was sie noch in der Tasche finden", lacht Taborsky. Das ist wörtlich zu nehmen. Ein Lokalaugenschein in der OeNB-Kassenhalle beweist: Es findet sich scheinbar noch viel Schillingbares in den Taschen der Österreicher. Einige gestehen, "im alten Gewand noch Geld gefunden zu haben". Keine großen Beträge, aber es zahlt sich aus. Ein Hunderter, zwei Zwanziger, ein paar Münzen. Stolz präsentiert ein fröhlicher Mittdreißiger sein Fundstück aus Opas Sakko: einen Tausender aus dem Jahr 1961, Viktor Kaplan als Motiv darauf. "Der ist sicher wertvoll für Sammler", mutmaßt ein Stehnachbar. In Euro getauscht wird der alte Tausender nicht mehr, erfährt der Mittdreißiger am Schalter. Nur die letztgültige Banknoten- und Münzserie wird zeitlich unbegrenzt und kostenlos umgetauscht - sowohl in der Nationalbankzentrale als auch in allen Bundesländerfilialen (Ausnahme: St. Pölten).

934 Millionen Euro

Nach Angaben von Kassachef Taborsky sind noch Schilling im Wert von 934 Millionen Euro im Umlauf. Nur ein Bruchteil wird noch zurückkommen. Viel Geld sei aber "verloren, entsorgt, in Schubladen vergessen". Auch jene Beträge, die Sammler zu Hause horten, seien enorm.

Nicht zu vergessen die Schillingsouvenirs, die Touristen in ihre Heimatländer mitgenommen haben. Umgekehrt müssen sich Österreicher, die etwa noch Drachmen, Lira oder Peseten haben, an die Nationalbanken der einzelnen Euroländer wenden, um ihre Altbestände an Devisen in Euro zu tauschen. (Andrea Waldbrunner/DER STANDARD, Printausgabe, 5.2.2003)