Fernöstliche Weisheit wird man in Washingtons Nordkoreapolitik weiterhin nicht finden, sehr wohl aber die Fortschreibung einer seit Monaten andauernden Konzeptionslosigkeit: Die - mögliche, unbestätigte, von offizieller Seite unerklärte - Verlegung einiger US-Bomber und Kampfjets vor die koreanische Halbinsel mit ihrem durchaus besorgniserregenden Regime in Pjöngjang macht noch keine Politik. Sie soll es auch gar nicht. Das Weiße Haus will von Nordkoreas Kim Jong-il ungestört einen Krieg gegen den Irak führen können. Ein Masterplan gegen die Bedrohung durch Pjöngjangs alte und absehbar neu in Produktion gehenden Massenvernichtungswaffen steht dagegen weiter nicht auf der Tagesordnung der amerikanischen Außenpolitik.

Für Nordkoreas Nachbarn sind die Planspiele des Pentagon alarmierend: Südkorea müht sich um Entspannung mit dem stalinistischen Norden und ist der 37.000 US-Soldaten im Land überdrüssig; Japan, Russland und China haben ebenso wenig Interesse an einem amerikanisch-nordkoreanischen Schaukampf. Allerdings rüsten sie auch nicht zu einem Krieg am Golf.

Drei Optionen stehen den USA offen: politische Besänftigung, militärische Eindämmung oder eine politisch-wirtschaftliche Paketlösung, an der sich andere Staaten beteiligen. Das recht generöse "Rahmenabkommen" von 1994 war ein solches Angebot an Nordkorea - nur gereicht hat es offenbar nicht. Pjöngjang brach endgültig mit dem Abkommen, vermutlich weil die wirtschaftlichen Reformen des vergangenen Sommers scheiterten und das Regime den Kollaps des Landes und natürlich seinen eigenen Untergang fürchtete. Geld gegen Öffnung des Regimes wird nun die Lösung heißen, und gemeinsame Garantien und gemeinsame Sanktionen durch die Nachbarn. Doch dies, so mag man sich in Washington sagen, sind Planspiele für die Zeit nach einem Irakkrieg. Wenn dann noch Zeit ist. (DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 5.2.2003)