Aktivitäten wie die des Vereins Südmark bereiteten den Boden für den Nationalsozialismus der späteren Jahre und prägten das Bild der "deutschen Frau": Demütig, opferbereit, mütterlich und bescheiden sollte sie sein.

Ein Grazer Wissenschaftsprojekt zeigt am Beispiel des "Vereins Südmark", welchen Einfluss dabei vordergründig unpolitische Vereinigungen hatten.

"Und so wie der Mann berufen ist, im öffentlichen Leben zum Besten unserer Nation zu wirken (...), so sind wir Frauen berufen, im kleinen Kreise des menschlichen Lebens - in der Sippe zu wirken für die Ehre, Größe und das Gedeihen unserer Nation (...)"

Aufrufe wie dieser aus dem Kalender des Schulvereins von 1888 spiegeln ein Frauenbild, das bis zum Zweiten Weltkrieg und auch noch danach das deutschnational-völkische Bewusstsein prägte. Wie die Mobilisierung von Frauen und Mädchen in diesem Umfeld funktionierte, hat die Grazer Historikerin Heidrun Zettelbauer am Beispiel des Vereins Südmark (nach seiner "Neugründung" 1951 "Alpenländischer Kulturverband Südmark") in einer vom Wissenschaftsfonds FWF finanzierten Studie dargestellt.

Der 1889 in Graz gegründete Verein war trotz oder wegen seiner extrem rassistischen, nationalistisch-völkischen und antisemitischen Ausrichtung eine der einflussreichsten Vereinigungen. Bis zum Ende des Ersten Weltkriegs waren in den verschiedenen Kronländern der Monarchie rund 15.000 Frauen in 72 Frauen- und Mädchen-Ortsgruppen des Vereins Südmark integriert. "Die politische Mobilisierung der Frauen über einen als unpolitisch vermarkteten Verein funktionierte auch deshalb so gut, weil das geforderte Engagement mit dem Tugendkodex bürgerlicher Weiblichkeit vereinbar war", ist Zettelbauer überzeugt. Deutsche Frauen, so hieß es, seien demütig, opferbereit, mütterlich, bescheiden und konzentrierten ihr Wirken auf den Bereich des Privaten. "Indem die angestrebte Einbindung von Frauen in das nationale Projekt als unpolitisch dargestellt wird, wirkte man dem Vorwurf entgegen, Frauen als politische Akteurinnen zu fördern", so die Historikerin. Tatsächlich wurde den Frauen über die Vereinsarbeit aber die seltene Gelegenheit politischer Tätigkeit geboten - und zwar zu einer Zeit, als sie politischen Vereinen noch nicht beitreten durften.

Während also die Männer die Nation "nach außen hin" zu schützen hatten, waren die Frauen für die Gestaltung des Inneren der Nation zuständig. Sie wurden zu Vermittlerinnen und Hüterinnen einer Ideologie stilisiert, die alle Lebens- und Familienereignisse im deutschnationalen Sinn zu deuten wusste. "Auf diese Weise", so Zettelbauer, "errichtete das deutschnationale Milieu eine Art 'Kunstreligion', mit deren Hilfe 'deutsche Identität' untrennbar mit dem Alltagsleben und mit Emotionen verflochten wurde." Die jeweiligen Feste - von den Sonnwend- bis zu den Julfeiern (Weihnachten) - wurden völkisch interpretiert und nach der entsprechenden Ikonografie gestaltet. Als "kulturelle Grenzwächterinnen" hatten die Frauen darauf zu achten, dass die Kinder deutsche Namen bekamen, deutsche Märchen und Liedgut hörten, dass die Wohnung "altdeutsch" eingerichtet war und nur in deutschen Geschäften eingekauft wurde.

Da die Zugehörigkeit zur Nation nach der Jahrhundertwende zunehmend auch über die Biologie definiert wurde, gesellte sich zur Funktion der "kulturellen Grenzwächterin" bald auch die Rolle der "biologischen Reproduzentin". Das Gebären von Kindern - vor allem von Söhnen - wurde zur Pflicht. Um die deutsche Nation zu stärken, wurde im Verein Südmark ab den 1890er-Jahren die Notwendigkeit "völkischer Ehen" massiv propagiert. Sogenannte "Mischehen", die vor allem zwischen deutschen Frauen und slawischen Männern weit verbreitet waren, wurden diskreditiert, der weibliche Körper quasi zur "Grenze der Nation" gemacht.

"Auf diese Vorstellung", so Heidrun Zettelbauer, "lassen sich auch im nationalen Diskurs häufig gebrauchte Begriffe wie 'Blutsgemeinschaft', 'Familienbande' oder 'rassische Reinheit' zurückführen."

Allerdings haben vor allem jene Frauen, die massiv an der Verbreitung und Durchsetzung des rigiden deutschnationalen Geschlechterkonzepts beteiligt waren, die damit verbundenen Vorgaben zwangsläufig ad absurdum geführt: Indem sie politisch gearbeitet haben, waren sie öffentlich präsent und unterminierten damit das von ihnen postulierte Modell von "männlicher" Öffentlichkeit versus "weiblicher" Privatheit.

Widersprüche

Auch sonst entsprachen gerade die engagiertesten Propagandistinnen des deutschnationalen Frauenbildes demselben nicht wirklich, was etwa am Beispiel des ersten weiblichen Mitglieds der Vereinshauptleitung deutlich wird: Karoline Kreuter-Gallé hat ihre rassistischen und antisemitischen Ideen nicht nur öffentlich propagiert, sondern entsprach auch sonst kaum den Vorstellungen der 'deutschen Frau' - war sie doch kinderlos und lebte von ihrem Mann getrennt. Ein Verhalten, das die männliche Vereinsleitung trotz all ihrer Verdienste für die 'völkische Sache' offenbar nicht goutierte: "Die Anerkennung ihrer Aktivitäten für den Verein hat man ihr selbst nach ihrem Tod 1932 verweigert", berichtet Zettelbauer.

Wie Kreuter-Gallé waren auch andere besonders aktive Vereinsfrauen kinderlos und unverheiratet. Etwa Dora Lauffer, die bis zu ihrem Tod 1993 höchst umtriebig war und etwa ein Studentinnenwohnheim in Graz gegründet hat, oder die völkische Autorin Ida Maria Deschmann. "Im Gegensatz zu den 'verdienten' männlichen Mitgliedern des Vereins Südmark begegnete man diesen Frauen selbst in den eigenen Reihen mit einem gewissen Misstrauen."

Bezeichnend erscheint auch der Bruch zwischen dem propagierten Prinzip der sozialen Durchlässigkeit und dem realen (Vereins-)Leben: "Die deutschnationalen Vereine waren in erster Linie ein besitz- und bildungsbürgerliches Phänomen. Das zeigte sich natürlich auch in den Frauen- und Mädchenvereinen: Zwar waren grundsätzlich auch Frauen aus klein- und unterbürgerlichen Schichten integriert, in der Vereinshierarchie spielten diese jedoch keine wichtige Rolle." (Doris Griesser/DER STANDARD, Printausgabe 02.01.2008)