"Ich hatte riesigen Spaß: Einmal war ich nicht die seriöse Gattin, nicht die brave Mama, die nur an das Wohlergehen der Familie denkt und niemals aus der Rolle fallen darf... Warum auch? Damit andere Leute wieder zufrieden sind? Damit andere Mütter mich wieder in ihren Verhaltenskodex zurückzwingen? Nein, darauf hatte ich keine Lust mehr. Ich bin nicht nur Mutter, ich bin auch Frau, erotisch und sinnlich. Und das wollte ich endlich mal wieder auskosten. Ich wollte mich nicht mehr verbiegen, immer im Mütter- und Ehefrauen-Korsett gefangen sein. Ich wollte die Rolle nicht mehr, die mir seit Jahren zugedacht war."

Diese Sätze stammen von einer jener Frauen, welche die Soziologin Natalie Schlegel für ihr Buch "Mamas Lover" interviewt hat und deren Erzählungen über ihre kurzen Seitensprünge oder längere Liebesbeziehungen oder auch nur Fantasien darüber wiedergegeben werden.

Die interviewten Frauen und ihre Geschichten sind so unterschiedlich wie Frauen eben sind. Nur zwei Fakten sind ihnen gemeinsam: Zum einen ihr Mutter-Status und der damit verbundene Tabubruch von sexuellen Beziehungen außerhalb der fixen Beziehung. Und zum anderen, dass sich keine einzige von ihnen aus purer Abenteuerlust auf eine Affäre eingelassen hat.

"Es ging niemals nur um Abwechslung", schreibt Natalie Schlegel, „sondern immer um Gefühle, auch wenn das klischiert erscheinen mag. Die Mütter verliebten sich. Sie verliebten sich in einen anderen Mann, weil ihre Bedürfnisse in ihrer festen Beziehung nicht mehr erfüllt wurden, vielleicht nie erfüllt worden waren. Die meisten hatten sich jahrelang um ihre Ehe bemüht. Sie hatten Beziehungsratgeber gelesen, die wichtigsten Stellen mit Leuchtstift markiert und sie ihrem Mann ins Bett gelegt. Die Männer überflogen nicht einmal das Inhaltsverzeichnis. Die Frauen hatten erklärt, was ihnen fehlt, ihre Männer äußerten bestenfalls Verständnis - und änderten nichts. Nachdem die wortreiche Variante gescheitert war, versuchten die Frauen es mit Tränen, wütendem Schimpfen oder tagelangem Schweigen. Und nach dem Scheitern aller verbaler Kommunikation mit den alten Tricks aus der Kiste weiblicher Verführungskünste."

Erst nach allen nur erdenklichen Bemühungen über Jahre hinweg, wagten sie es, sich auf andere Männer einzulassen. Und viele von ihnen bekennen, dass diese Affären, nicht nur ihnen selbst, sondern aufgrund ihrer wieder gewonnenen Ausgeglichenheit auch der Familie zugute gekommen wären. (dabu)