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Die Top-10-Anforderungen an High Potentials Anforderung

Grafik: DER STANDARD

Lange galt ein Studienabschluss in Fächern wie Betriebswirtschaft, Informatik oder Jus als sichere Eintrittskarte in die Berufswelt. Wer dazu noch gute Noten vorzuweisen hatte, zählte gar zum erlesenen Kreis der "High Potentials".

Im zunehmend angespannten Arbeitsmarkt legen die Unternehmen die Latte hoch: Jeder zweite Personalentscheider nennt absolvierte Praktika als das wichtigste Auswahlkriterium bei der Rekrutierung des Führungsnachwuchses, fast ebenso viele setzen Fremdsprachenkenntnisse voraus. Jedes fünfte Unternehmen erwartet von den Kandidaten, dass sie sich bereits zu Studien- oder Jobzwecken im Ausland aufgehalten haben. Dies ergab die aktuelle Studie "High Potentials" der Unternehmensberatung Kienbaum, die im gesamten deutschsprachigen Raum durchgeführt wurde und an der sich insgesamt 230 Unternehmen beteiligten.

Fertigkeiten

"Für Unternehmen unterscheiden sich High Potentials von anderen Absolventen durch eine überdurchschnittliche Ausprägung der so genannten Soft Skills. Die Sozialkompetenz steht als Schlüsselqualifikation an der Spitze des Anforderungskatalogs", berichtet Conrad Pramböck, Berater bei Kienbaum Wien. Wer im Vorstellungsgespräch bloß die eigene Karriereorientierung und Risikobereitschaft signalisiert, unterliegt Konkurrenten, die Eigenmotivation, Lernbereitschaft und Teamfähigkeit mitbringen - Eigenschaften die von den Personalchefs, laut Studie, hoch geschätzt werden. Ebenfalls gefragt sind interdisziplinäres Denken, ein ausgeprägtes Problemlöseverhalten und selbstverantwortliches Handeln. "Von angehenden Managern wird zunehmend das Bewusstsein eingefordert, dass das eigene Handeln Konsequenzen hat", bestätigt Edgar Killian, Leiter des Bereiches Personal und Finanz der Industriellenvereinigung (IV).

Das Schlusslicht im Kriterienkatalog bildet das Methoden- und Fachwissen, was nicht heißt, dass es ohne geht: "Es wird vielmehr unter allen Bewerbern als selbstverständlich vorausgesetzt", sagt Pramböck. Ebenfalls als Basic dürfen neben ausgezeichnetem Englisch auch solide EDV-Anwenderkenntnisse gewertet werden.

Grünes Licht gibt es für Amibitionierte, die möglichst rasch ins Berufsleben einsteigen wollen: Der Abschluss an einer Fachhochschule wird mittlerweile in den meisten Branchen nicht mehr nennenswert unter dem universitären Titel gehandelt. Ob der Doktorhut mehr zählt als ein Master of Business Administration (MBA)? 64 Prozent der Unternehmen, so die Umfrage, ziehen Letzteren einer Promotion vor. Dem viel zitierten Ruf nach Generalisten entspricht auch ein weiteres Ergebnis der Umfrage: "Eine breiter angelegte akademische Ausbildung zählt derzeit mehr als eine zu starke Spezialisierung vor dem Berufseinstieg", sagt Pramböck.

Vielfalt

Beim Beratungsunternehmen The Boston Consulting Group (BCG) stehen "Exoten" beispielsweise alle Türen offen - "auf ein breit gefächertes Ausbildungsspektrum legen wir Wert", so Hannes Pichler, Wiener Projektleiter und Recruiting-Director. In Deutschland wird das Consultingunternehmen allein im kommenden Jahr bis zu 150 Hochschulabsolventen anwerben.

Die Studie untersuchte auch Schwächen des Nachwuchses: Als häufigste Defizite von High-Potential-Kandidaten sehen Unternehmen die mangelnde Fähigkeit zur Selbstkritik, fehlende Konfliktfähigkeit und zu geringes Führungspotenzial.

"Im Zuge der Globalisierung würde ich mir auch mehr Mobilitätsbereitschaft der Absolventen wünschen", betont Gerhard Hirczi, Personalchef der Siemens AG Österreich, und meint weiter, "künftig wird es auch zunehmend wichtiger werden, die Fähigkeit und den Willen zu besitzen, erworbenes Wissen zu teilen."

Vor allem bei der Organisation und der Durchführung von Projekten mangelt es den Berufseinsteigern an Erfahrung, so das Resümee der Studie. Woran High Potentials zu Beginn ihrer Karrieren meist scheitern? Als häufigste Stolpersteine nennen befragte Unternehmen "übersteigerte Ansprüche", "Selbstüberschätzung" und "unangemessenes Sozialverhalten". Die häufigsten Gründe, warum High Potentials ihren ersten Arbeitgeber verlassen, sind Abwerbung, fehlende Karrieremöglichkeiten und eine zu wenig attraktive Gehaltsentwicklung. (red/DER STANDARD, Printausgabe, 11./12. Jänner 2003)