STANDARD: Alle Ihre "Universum"-Filme - ob Stephansdom, Großglockner und auch jetzt Schönbrunn - sind mit großem technischen Aufwand gefertigt. Woher kommt die Faszination fürs Handwerkliche?
Riha: Ich habe Bilder im Kopf, die ich herzeigen will. Die herkömmliche Filmtechnik bietet dafür relativ wenig Werkzeuge. Deshalb habe ich begonnen, sie im Laufe der Jahre selbst zu entwickeln. Und heute spiele ich natürlich darauf Klavier. Das ist ähnlich wie bei einem Musiker: wenn ihm zwischen einer Bratsche und einem Cello irgendein Klang dazwischen fehlt, dann baut er sich sein Mini-Cello.
STANDARD: Das heißt aber doch auch, dass der Musiker sein Instrument sehr liebt?
Riha: Es hängt umgekehrt auch vom Projekt ab, wie ich mich annähere. Beim Großglockner haben wir beispielsweise kein einziges Ballonbild gemacht, bei Schönbrunn kam der Hubschrauber überhaupt nicht zum Einsatz.
STANDARD: Welche Bilder verwendeten Sie bei Schönbrunn?
Riha: Ich möchte unsere Realitäten ein wenig verrücken. Am Abend, wenn wir uns vor den Fernseher hinsetzen, dann kennen wir alles schon, wir wissen, wie die ZiB aussieht, wir wissen wie die amerikanische Sitcom aussieht, wir kennen alle diese Bilder. Wir haben eine übliche Welt. Und auf einmal sehen wir das banale Ansichtskartenklischee Schönbrunn einfach ein bisschen anders.
STANDARD: Der Wechsel der Jahreszeiten zieht sich durch all Ihre "Universum"-Filme. Ist das ein Leitbild?
Riha: Ich will den Menschen demütiger vor der Schöpfung machen, ihn zum Meditieren verführen. Oder einfach ein bisschen einbremsen, indem ich ihm den Jahresrhythmus bewusst mache.
STANDARD: Laufen Sie nicht Gefahr, durch die alleinige Konzentration auf die Bilder, dem Zuseher wesentliche Stimmungen oder auch Informationen vorzuenthalten?
Riha: Ich setze mich seit jeher vehementer Kritik aus, weil meine Filme nicht in präzise Genres passen. Der Stephansdom-Film wurde bei Wildlife-Filmfestivals abgelehnt. Da muss ich sagen, entweder Variante eins: Die nehmen's ein bisschen großzügiger - oder Variante zwei: Ich kann mit diesen Schubladen nichts anfangen. Genauso wird es bei Schönbrunn sein. Es ist kein Tierfilm und auch kein Geschichtsfilm. Schönbrunn ist ein Gesamtkunstwerk, insofern ist es eine Hommage. Mir geht es um Stimmungen.
STANDARD: Sie haben 2½ Jahre am "Schönbrunn"-Film gearbeitet, Kostenpunkt 1,2 Millionen Euro. Das Endprodukt von 50 Minuten ist vergleichsweise kurz. Wollten Sie das so?
Riha: In der Theorie hätte ich Material für einen Vierteiler zu je 90 Minuten, aber ich glaube, dass das niemanden interessiert.
STANDARD: Wie sind Sie auf Sir Peter Ustinov als Präsentator gekommen?
Riha: Es hat sich ergeben, wir haben es versucht, und ich glaube, es ist ein sehr schöner Aspekt, weil er das Ganze leicht und mit seiner Ironie transportiert.
STANDARD: Die Szene mit dem nächtens im Tiergarten streunenden Dachs ist für Ihre Art der Inszenierung sehr typisch. Wie entstehen solche Szenen?
Riha: Wir haben lange gewartet. Es war schwierig und kompliziert.
STANDARD: An einer Stelle heißt es, Schönbrunn sei wie ein "mystischer Talisman". Worin besteht für Sie die Mystik des Ortes?
Riha: Vielfalt, Formensprache, Freimaurerzitate, die barocken Allegorien. Beim "Glockner" habe ich mich noch mehr mit dieser Mystik auseinander gesetzt. Ich will mich aber auch nicht ins esoterische Eck festnageln lassen. Da heißt es schnell, ich sei völlig abgehoben, ein Narr womöglich.
STANDARD: In Ihrem nächsten Film geht es um die Wachau?
Riha: Vielleicht, wenn ich Geld auftreibe. Ich will die Einheit des Raums haben: Dom des Landes, Berg des Landes, Schloss des Landes, dann Fluss des Landes und hier wieder das schönste, dichteste Stück davon. (DER STANDARD, Printausgabe, 19.12.2002)