Erstmals wird ab Jänner eine Frau die Forschungssektion im Bildungsministerium führen: Barbara Weitgruber.
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"Hermann Maier, aber schlimmer": So lautete die drastische Diagnose für die Patientin Barbara Weitgruber, als sie nach einem schweren Autounfall vor einem Jahr wochenlang um ihr Bein zittern musste. Seither erinnern ein Titannagel im Knie und stetige Turnübungen mit dem lädierten Bein an eine dramatische Entschleunigungsphase im Leben der jungen Frau, deren Karriere sonst atemberaubend schnell verlaufen ist.

"Sektionschef, aber weiblich" müsste die aktuelle Beschreibung heißen: Mit nur 38 Jahren wurde Weitgruber von Bildungsministerin Elisabeth Gehrer zur Leiterin der Sektion "Wissenschaftliche Forschung und internationale Angelegenheiten" ernannt. Die ministeriumsinterne Frauenquote auf Sektionsebene beträgt nun mit zwei Chefinnen neben sechs Chefs 25 Prozent. "Erst wenn so etwas nicht mehr newsworthy ist, haben wir wirklich Gleichberechtigung geschafft", streut die erfolgreiche Spitzenbeamtin ihrer Chefin Rosen: "Ich bin überzeugt, wenn sie nicht Ministerin wäre, wäre ich nicht Sektionschefin."

Ihre Qualifikation ist unumstritten. Die gebürtige Grazerin spricht fünf Fremdsprachen; Englisch und Französisch hat sie studiert. Spanisch und Russisch sind schon im Repertoire, Kroatisch lernt sie seit einem Jahr, hat sie doch im Rahmen des Stabilitätspakts für Südosteuropa viel in der Gegend zu tun.

Parallel zum Dolmetschstudium absolvierte Weitgruber Medienkunde an der Universität Graz und nahm auch noch Anglistik/Amerikanistik sowie Soziologie, Spanisch, Französisch und Geschichte dazu. Mit 20 ging sie nach Amerika und studierte in Ohio und Chikago Kommunikation.

Zurück in Österreich, landete sie 1987 im Auslandsbüro der Uni Graz. 1993 der Ruf nach Wien als Leiterin des Büros für EU-Bildungskoordination. 1994 ging die "Quereinsteigerin" als Abteilungsleiterin für internationale Hochschulkoordination ins Wissenschaftsministerium.

"Ich wollte immer die Welt verbessern und bin da gut, wo ich 100-prozentig überzeugt bin", nennt die neue Sektionschefin als Lebensmotto. Sie möchte das "Verständnis für Europa stärken" und "Österreich als Forschungs- und Hochschulraum optimieren".

Die "Pendlerin zwischen Südosteuropa und Brüssel" lebt eine Ehe auf Distanz. Ihr Mann ist als Manager in Kasachstan stationiert, man trifft sich meist "irgendwo in Europa". Die "Liebe zur Literatur" gehört vor allem der amerikanischen und der österreichischen. An Elfriede Jelinek mag sie besonders deren "Stärke und Verletzlichkeit". Eislaufen liegt unfallbedingt auf Eis. Bleiben Radfahren und Joggen in ihrer Wiener Wahlheimat Nussdorf, an der sie seit der mobilitätsgebremsten Rekonvaleszenz die "Kombination Weinberge und Donau sehr schätzen gelernt hat". (Lisa Nimmervoll, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 13.12. 2002)