Wien - Die Generalanwältin und Präsidentin der Vereinigung
der Österreichischen Staatsanwälte, Brigitte Bierlein (53), soll neue
Vizepräsidentin des Verfassungsgerichtshofs werden. Das hat
Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) am Dienstag nach dem Ministerrat
bekanntgegeben. Die Nachbesetzung wurde notwendig, nachdem der
bisherige Vizepräsident Karl Korinek als Nachfolger von Ludwig
Adamovich zum Präsident des VfGH ernannt wurde.
Schüssel berichtete, es habe "einige sehr qualifizierte Bewerber"
gegeben, aus denen Bierlein ausgewählt worden sei. Bierlein sei
parteipolitisch nicht gebunden und: "Generalanwältin Dr. Bierlein
wäre damit die erste Frau in einem Präsidium eines Höchstgerichts."
Bierlein ist seit 1990 in der Generalprokuratur - der höchsten
staatsanwaltschaftlichen Behörde - tätig.
Steile Karriere
Brigitte Bierlein (53) hat schon bisher eine steile Karriere in der
Justiz hinter sich. In nur vier Jahren absolvierte sie ihr
Jus-Studium, wurde schon mit 28 Jahren zur Staatsanwältin ernannt und
mit 41 wechselte sie in die höchste staatsanwaltschaftliche Behörde,
die Generalprokuratur. In der Standesvertretung wurde sie im Vorjahr
zur Präsidentin der Vereinigung der Österreichischen Staatsanwälte
gewählt. Im VfGH ist sie - wenn der Bundespräsident sie ernennt - die
erste Frau im Präsidium.
Bierlein gesteht einen "gewissen Ehrgeiz" in der juristischen
Karriere auch ein. Dass sie, nachdem sie die Chance ergriffen und
sich in der Ausschreibung als Vizepräsidentin beworben hat, von der
Regierung tatsächlich als VfGH-Vizepräsidentin vorgeschlagen wurde,
hat sie aber doch überrascht, wie sie gegenüber der APA erklärte.
In Justizkreisen ist Bierleins fachliche Qualifikation
unumstritten - und bekannt ist die stets modisch-elegant gekleidete
Juristin auch dafür, dass sie ihre Meinungen offen, ohne viel
Herumgerede, vertritt. Dies hat sie auch als
Staatsanwälte-Präsidentin bewiesen. Gleich bei Amtsantritt forderte
sie die Verdoppelung der Staatsanwälte-Posten für den Fall der
Vorverfahrens-Reform. Gegen diese Reform - die wegen der Neuwahlen
zumindest verschoben wurde -, trat Bierlein namens der Staatsanwälte
immer wieder vehement mit deutlichen Worten an. So kritisierte, dass
ein "überschießender Rechtsschutz" die Kriminalitätsbekämpfung
behindern würde.
Bierlein wurde am 25. Juni 1949 in Wien geboren. Nach dem in nur
vier Jahren absolvierten Studium trat sie 1972 in die Justiz ein,
zunächst als Richteramtsanwärterin. 1977 ging sie zur
Staatsanwaltschaft, der sie rund zehn Jahre angehörte. Dann wechselte
sie in die Oberstaatsanwaltschaft, verbrachte ein Jahr im
Justizministerium in der Einzelstrafsachenabteilung, also der
Abteilung, die über die Vorhabensberichte der Staatsanwälte
entscheidet. Im Oktober 1990 nahm sie in der Generalprokuratur die
für eine Frau bisher höchste erreichte staatsanwaltschaftliche
Funktion der Generalanwältin ein.
In der Standespolitik gehörte Bierlein seit 1994 zunächst dem
Vorstand der Vereinigung Österreichischer Staatsanwälte an. Im Juni
2001 wurde sie zur Präsidentin gewählt, nachdem sich Friedrich
Matousek überraschend zurückzog.
Klestil hat Haller-Ernennung unterschrieben
Bundespräsident Thomas Klestil hat die Ernennung von
Herbert Haller zum Mitglied des Verfassungsgerichtshofes am Dienstag
unterschrieben. 23 Bewerbungen lagen für dieses Amt vor, die
"ausführlich geprüft" werden mussten, hieß es aus der
Präsidentschaftskanzlei.
Haller, Vorsitzender des Datenschutzrates, gilt als FPÖ-nahe
stehend. Er wird den Platz von Kurt Gottlich einnehmen, der mit
Jahresende in Pension geht.
Die Ausschreibung für den Posten des Verfassungsrichters endete am
30. September, am 1. Oktober hatte die Regierung - gleichzeitig mit
Karl Korinek als Präsident - Haller vorgeschlagen. Korineks Ernennung
zum Nachfolger Ludwig Adamovichs als Präsident hat Klestil bereits am
5. November unterschrieben.
Über die Nominierung von Generalanwältin Brigitte Bierlein als
VfGH-Vizepräsidentin hat Klestil erst heute erfahren, entsprechende
Akten liegen ihm nicht vor. Für diese Funktion hatte sich Haller
nicht beworben. Selbstverständlich, so Klestil-Pressesprecher Hans
Magenschab, werde man die Unterlagen von Brigitte Bierlein
genauestens prüfen, wie in jedem anderen Fall auch. In der
Präsidentschaftskanzlei geht man von mehreren Bewerbungen für die
Funktion des Vizepräsidenten aus.(APA)