Israels große Koalition ist nun endgültig zerbrochen. Doch sie war von vornherein nur als Instrument für das Krisenmanagement im Konflikt mit den Palästinensern gedacht - wenn das Instrument jetzt seine Schuldigkeit getan hat, könnten Optimisten hier herauslesen, dass das Schlimmste in diesem Konflikt vielleicht schon ausgestanden ist. In der Tat scheint die Intifada eine Art Totpunkt erreicht zu haben: Die israelischen Truppen sitzen bis auf Widerruf tief in der Autonomiezone, ohne dass ernsthafte internationale Proteste zu hören wären, die Häufigkeit der Anschläge in Israels Städten hat deshalb drastisch abgenommen, auch wenn die palästinensischen Terrorgruppen nicht ganz zerschlagen sind.

Aber wird man aus dieser Umklammerung je herausfinden? Politisch liegt zwar eine weitschweifige "Straßenkarte" des Nahost-Quartetts vor, die über die Jahre zum Frieden hinleiten soll, in der Praxis wartet man zunächst auf palästinensische Reformen, die kommen können oder auch nicht.

Griffige Ideen hat auch die Arbeiterpartei nicht zu bieten, doch da 2003 auf jeden Fall gewählt wird - spätestens regulär im Oktober, vielleicht schon im ersten Halbjahr -, ist ungefähr jetzt der taktisch richtige Zeitpunkt, sich aus der Umarmung mit Ariel Sharons Likud zu lösen, um sich als Alternative zu profilieren. Andererseits ist die Optik schlecht, wenn man das Land gerade in einer Phase in einen Wahlkampf stürzt, wo es damit rechnen muss, von irakischen Raketen getroffen zu werden, und die Wirtschaft immer mehr ins Trudeln gerät. Schon deswegen kann von Aufbruchstimmung keine Rede sein. Über den Augenblick hinaus aber wird Israels Linke vom Wähler mit dem Oslo-Prozess identifiziert, der in ein blutiges Schlamassel geführt hat. Die Rechte wird wohl erst dann wieder abgewählt werden, wenn sie etwas blockieren sollte, was wie ein glaubhaftes Friedenskonzept aussieht - und so etwas ist heute Utopie. (DER STANDARD, Printausgabe, 31.10.2002)