Mensch
Langzeitgedächtnis entwickelt sich erst im zweiten Lebensjahr
Sechs Monate alte Babys erinnern sich nur 24 Stunden zurück
London - Das Langzeitgedächtnis entwickelt sich erst im
Verlauf des zweiten Lebensjahrs. Vorher können sich Kleinkinder nur
sehr schlecht an länger zurückliegende Ereignisse erinnern, berichten
amerikanische Wissenschafter im britischen Fachblatt "Nature" (Bd.
419, S. 896). Demnach behalten sechs Monate alte Babys Erlebnisse
lediglich 24 Stunden im Gedächtnis, mit neun Monaten steigt das
Erinnerungsvermögen schon auf einen Monat. Um die Entwicklung des Gedächtnisses zu untersuchen, wurde
Kleinkindern im Alter von neun, 17 und 24 Monaten zunächst eine
kleine Geschichte vorgespielt. Begleitet von dem Ausruf "Zeit zum
Saubermachen" wischte ein Wissenschafter zum Beispiel vor ihren Augen
einen Tisch ab und warf das Papiertuch anschließend in den Mistkübel.
Direkt im Anschluss und noch einmal vier Monate später wurden die
Kinder aufgefordert, die Handlungen nachzumachen.
Frontallappen reift im zweiten Lebensjahr aus
Wie Conor Liston und Jerome Kagan von der Harvard Universität in
Cambridge (US-Bundesstaat Massachusetts) herausfanden, konnten sich
diejenigen Kinder, die sich zum Zeitpunkt des ersten Tests schon im
zweiten Lebensjahr befanden, lebhaft an die Geschichte erinnern und
die Handlung nachahmen. Die jüngeren, beim ersten Test erst neun
Monate alten Kinder, hatten hingegen keine Erinnerung an das zuvor
Erlebte.
Nach Ansicht der Forscher ist die Ausbildung des
Langzeitgedächtnisses eng an die Entwicklung des Gehirns gekoppelt.
Der so genannte Frontallappen im Gehirn, der für das Speichern und
Abrufen von Erinnerungen zuständig ist, entwickelt sich zwar bereits
gegen Ende des ersten Lebensjahrs, vollständig reift er aber erst im
Verlauf des zweiten Lebensjahrs aus. Damit nimmt auch die Fähigkeit
zu, sich über längere Zeiträume an bestimmte Ereignisse zu erinnern,
berichten die Wissenschafter. (APA)