Inland
Auch Schüssel wollte Knoll in Politik holen
Superintendentin macht in Interview-Band keinen Hehl aus ihrer Ablehnung von Schwarz-Blau
Eisenstadt - "Eigentlich war Wolfgang Schüssel der erste,
der mich schon 1995 in die Politik holen wollte." Das gibt die
bisherige burgenländische Superintendentin und jetzige SPÖ-Kandidatin
für ein Regierungsamt, Gertraud Knoll, in dem kürzlich erschienenen
Interview-Band "Im Anfang war Beziehung" (Wichern-Verlag, Berlin)
preis. Knoll äußert sich darin über die Ehe-Katastrophe ihrer Eltern,
über Glauben und Kirche, ihre Ehe, aber auch über Fragen der Politik.
Ihren persönlichen Lebensentwurf beschreibt sie mit den Worten,
"eigentlich bin ich immer nur im Unterwegssein zu Hause. Nirgendwo
gibt es für mich die heile Welt. Leben heißt für mich Polarität
aushalten lernen und im lebendigen Beziehungsgeschehen wachsen"."Nicht schwer gefallen, nein zu sagen"
Zum Versuch Schüssels, sie für die Politik zu gewinnen, sagt sie:
"Damals war er Vizekanzler in der Regierung Vranitzky und umwarb
mich, ob ich nicht als parteilose Ministerin in die österreichische
Bundesregierung wechseln will. In Frage kam vor allem das damals noch
bestehende Familienministerium, aber auch die Ressorts für Unterricht
bzw. Umwelt." Es sei ihr aber nicht schwer gefallen, nein zu sagen,
"weil ich meinen Beruf als Pfarrerin liebte und meine Aufgaben als
Superintendentin erst vor mir lagen".
Ihr Antreten bei der Bundespräsidentenwahl 1998 lag für Knoll
darin begründet, "eine durchaus willkommene Figur" gewesen zu sein,
die in das Dilemma - der Bundespräsident wird von seiner Ehefrau
wegen seiner Liaison mit seiner engsten Mitarbeiterin verlassen -
"als Alternative" hineinpasste - "intakte Familie, Symbolfigur der
Erneuerung und des Generationenwechsels, couragiert, eine Frau mit
Haltung, ein frischer Farbtupfer gegen das bestehende Grau". Den
Wahlkampf erlebte sie als "gnadenlose Maschinerie", und die Wochen
und Monate danach "neuerlich als riesigen Kraftakt". Sie musste sich
anhören, ihres Amts unwürdig und karrieregeil zu sein. Damit wusste
sie endgültig: "Die Kirche ist nicht unbedingt meine einzige
berufliche Heimat."
Zu Jörg Haider stellt Knoll fest, dieser habe sich mit seinen
Wahlplakaten "geschickt als Erlöser in Szene gesetzt", doch "seine
Sprache ekelt mich an." Durch Sprache und Inhalt stelle Haider seit
Jahren unter Beweis, dass er "mit Koketterie in den Grauzonen des
Nationalsozialismus herumtümpelt und die Verbrechen dieses
verbrecherischsten aller Regime verharmlost".
Knoll macht auch kein Hehl aus ihrer Ablehnung von Schwarz-Blau.
"Auch ich hatte die Legalität (dieser Regierung, Anm.) nie in Zweifel
gezogen, aber mir ging es um die moralische Legitimität der
Einbindung dieser Haider-FPÖ in die Bundesregierung". (APA)