Wien - Falsch getippt. Diens- tagfrüh hat FP-Klubobmann Karl Schweitzer noch gemutmaßt, dass die ehemalige Liberalen-Chefin Heide Schmidt für die SPÖ kandidieren werde. Doch auch zu Gertraud Knoll fand er schnell markige Worte: "Sie ist permanent gegen die Regierungsparteien aufgetreten und immer gegen die FPÖ." Im Burgenland habe Knoll sogar "einen Privatkrieg gegen den freiheitlichen Abgeordneten Eduard Nicka geführt". Jetzt sei die politisierende Superintendentin "Gott sei Dank auch dort, wo sie wirklich hingehört". Und weiter: "Es ist bereits in den letzten Jahren eine Zumutung gewesen, dass Knoll unter dem Deckmantel ihres Amtes Parteipolitik gemacht hat."Weitaus ruhiger ging es die ÖVP an. Bundeskanzler und Parteichef Wolfgang Schüssel sagte nur, Gusenbauer habe sein Team noch immer nicht gefunden: "Ich habe die Besten, er sucht sie noch." VP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat sieht in der Kandidatur Knolls ein Zeichen dafür, dass die Sozialdemokraten "immer weiter nach links driften". Rauch-Kallat: "Mit jedem Kandidaten, den die SPÖ präsentiert, rückt sie weiter nach links. Und wird damit zum Sammelbecken der EU-Sanktionierer. Knoll war ja das Sprachrohr aus der Sanktionszeit." Außerdem handle es sich um eine "versuchte Wählerrückholaktion des Alfred Gusenbauer aus dem grünen Bereich". Rauch-Kallat meinte, "Gusenbauer muss sehr viel Angst haben, dass er Zweiter wird. Und die Grünen müssen sehr unattraktiv geworden sein, dass die Frau Knoll zur SPÖ wandert. Vielleicht ist ihr der Alexander Van der Bellen zu weit rechts." Jetzt hole Gusenbauer wahrscheinlich als Nächsten den grünen Abgeordneten Peter Pilz zur SPÖ, sagte die VP-Generalsekretärin. Männer bevorzugt Auf diese Polemik ging man bei den Grünen nicht ein. Die stellvertretende Klubobfrau Eva Glawischnig erklärte zur Kandidatur Knolls, diese sei eine "integre Persönlichkeit, engagiert im Sozial- und Integrationsbereich, und ich wünsche ihr alles Gute". Es falle allerdings auf, dass bei den SPÖ-Überraschungskandidaten die männlichen Bewerber Wolfgang Petritsch und Josef Broukal gegenüber Knoll bevorzugt seien: "Die beiden werden sowohl für Regierungs- als auch für Oppositionsämter gehandelt, dagegen soll Knoll kein fixes Mandat erhalten. Das ist etwas befremdlich." Das grüne Potenzial sieht Glawischnig durch das Antreten Knolls bei der SPÖ nicht geschwächt: "Wir treten nicht als rot-grüne Wahlplattform an." (DER STANDARD, Printausgabe, 30.10.2002)