Wenn sie in diesen Tagen von Menschenmassen überrollt werden, dann handelt es sich um den regelrechten Run, der um den Prachtband einsetzt, den NEWS zu seinem zehnten Geburtstag herausgebracht hat. Er soll voll sein mit Geschichten, die Österreich ein Jahrzehnt lang bewegt und berührt haben - vom Briefbomben-Terror bis zum 11. September, von Haiders Aufstieg bis zu seinem Fall, vom Krieg auf dem Balkan bis zur Flutkatastrophe. Die Landesväter Erwin Pröll und Michael Häupl gratulierten. Ob sie auch ehrlich eingestehen würden, wozu?

Die jahrelange Vergötzung des Kärntner Landeshauptmanns in "NEWS" hat dem schmählich Verratenen zwar auch nichts geholfen, wird aber im Eigenlob des Magazins immerhin erwähnt. Unerwähnt hingegen blieben im editorial der letzten Nummer die Verdienste um den Fortbestand Österreichs durch permanente Begleitung des heimischen Begattungswesens mit Rat und Test. So war es ein Beweis des edelsten Patriotismus - in seiner erotischen Tiefenwirkung nur von der obligaten Ansprache des Bundespräsidenten übertroffen -, dass "NEWS" rechtzeitig zum Nationalfeiertag der Nation wieder einmal die obligaten Fragen vorlegte: Wie gut sind Sie im Bett? Wie treu ist Ihr Liebster?

Diesmal war es der neue Partner-Test, und es ging um den Test der Partnerschaft Fellner & Dichand, galt es doch, das neue Werk zu vermarkten, mit dem "Krone"-Sexpertin Gerti Senger Beziehungen wieder neu beleben will. Das geschieht durch die Aufforderung: Testen Sie Ihren persönlichen Glut-Faktor, ein Test, bei dem der alpine Durchschnittserotiker mit Nötigungen wie Bevor ich mit meinem Partner Sex habe, nehme ich immer eine Dusche zur Weißglut getrieben wird.

Nicht die Lesefähigkeit des "NEWS"-Konsumenten, sondern offenbar eine eventuelle Neigung zu perversen Handlungen in der Eisenbahn will die Ja-Nein-Frage ermitteln: Einen Roman, der mich völlig packt, lese ich in einem Zug aus. Wer sich hingegen fragt, warum er bei solchen Tests mitmacht, wird wohl ankreuzen: Oft weiß ich überhaupt nicht, was ich mit mir anfangen soll.

Es fehlt hier der Platz, alle Feinheiten darzustellen, mit denen Gerti Senger den Glut-Faktor der "NEWS"-Leser zum Lodern zu bringen versucht. Schon gar nicht können wir hier der zehnjährigen Verdienste des Magazins um die lechzenden Lenden seiner Klientel gerecht werden, sie sind einfach zu groß. Erst Anfang September war auf dem Cover kein nacktes Paar zu sehen, sondern Die gequälte Frau. Das war plumpe Lesertäuschung, ging es doch nur um einen Fall von politischem Sadismus, nämlich um Susanne Riess-Passer. Als Trost gab es aber die neueste Studie: Testen Sie Ihren Sex-Quotienten. Ein nacktes Paar illustrierte - erst im Inneren - die Erkenntnis der Sextest-Erfinderin Eva Adam: Wer nicht genügend Kraft und Ausdauer für den Infight mitbringt, hat natürlich einen schlechteren Sex-Quotienten. Das hätte man Riess-Passer früher sagen sollen. Absolventen des Tests mussten übrigens bis 25 zählen können.

Im Mai war man der Wahrheit schon ganz nahe gekommen mit der Sex-Umfrage: Was Austro-Man über Liebe, Sex & Partnerschaft denkt. Die Wahrheit war nicht überraschend: Der Austro-Man ist eher weltfremd. Als Inbegriff der erotischen Traumfrau schwitzen Österreichs Männer heute am liebsten für die rqssige Latina-Schönheit Jennifer Lopez. Das haben sie mit den Blattmachern gemein. Kaum eines von deren Heften kommt ohne die dort zur Schau gestellte Üppigkeit ihres Allerwertesten aus.

Im April war wieder das nackte Paar vorne drauf: Ihr großer Sex-Test. Diesmal ging wieder um den Sex-Quotienten, aber in subtilerer Form: Testen Sie Ihren Sex-IQ: Wie gut sind Sie im Bett? Der Beitrag war der Aufguss eines Buches der Psychologen Sheree Conrad und Michael Millburn. Auf der Suche nach sexueller Intelligenz musste man nicht weniger als 52 Fragen beantworten, sexuelle Intelligenzbestien konnten sich das aber auch ersparen und statt dessen auf Kulturvermittlerin Karin Resetarits hören, die meinte: "Für mich hängt guter Sex nicht von einem Testergebnis ab." Nicht im Sinne der "Krone" diesmal Gerti Senger: "Wer viel weiß, hat auch besseren Sex."

Kaum fünf Wochen vorher, im März, zierte zur Abwechslung ein nacktes Paar das Titelblatt: Vom "Sex-IQ" bis zum Liebes-Guide - Ihr Weg zum besten Sex. Und welches Buch wurde da verbraten? Sie haben richtig geschätzt: Das von Sheree Conrad und Michael Millburn, mit Gerti Sengers Austro-Erotik-Bibel als Garnierung: "Zehn Gebote" für eine erfüllende Partnerschaft.

Beim Sex soll ja Abwechslung nicht schaden. Beim Schreiben über Sex - an diese Maxime hält sich "NEWS" eisern - ist jede Abwechslung der erste Schritt zu kommerzieller Impotenz. An Jörg Haider bestätigt sich diese geschäftliche Weisheit. Zuviel Abwechslung in seiner Präsentation, bei aller Hingabe - und schon lässt sein Glut-Faktor alle kalt.

Im Oktober 2001 gab es wieder das obligate nackte Paar auf dem Cover und die Frage: Wer hat den besseren Sex? Aber ich habe das Gefühl, Sie wollen es nicht mehr wissen, Sie hoffnungsloser Sexmuffel. Ersparen wir uns also die restlichen neun Jahre. Nun bleibt dem Blatt nach Haiders Menopause nur noch der Sex. Aber da weiß man wenigstens, warum die Landesväter Erwin Pröll und Michael Häupl gratulierten.