Nahost
US-Diplomat in Jordanien erschossen
Politischer Hintergrund vermutet - Informationsminister: "Angriff auf Jordanien"
Amman - Ein maskierter Schütze hat in der
jordanischen Hauptstadt Amman am Montag einen US-Diplomaten
erschossen. Der 62-jährige leitende Mitarbeiter der amerikanischen
Entwicklungshilfebehörde USAID namens Lawrence Foley wurde nach
Angaben aus Sicherheitskreisen von sieben Kugeln getroffen, als er in
der Früh um 7.30 Uhr Ortszeit sein Haus im West-Amman verließ. Der
Täter konnte unerkannt entkommen. Die Polizei leitete eine
Großfahndung ein. Das Motiv der Tat war vorerst unbekannt. Der
jordanische Außenminister Marwan Moasher verurteilte den Mord als
"abscheuliches" Verbrechen. Ein hoher Regierungsbeamter betonte, bei dem Schützen handle es
sich um einen Einzeltäter.
Sofort tot
Foley wurde beim Einsteigen in sein Auto von Kugeln aus einer
Sieben-Millimeter-Pistole getroffen. Er war auf der Stelle tot.
Foleys Frau informierte die Polizei über den Vorfall im Nobelviertel
der Stadt. Anti-Terror-Experten sicherten gemeinsam mit
US-Sicherheitskräften Spuren am abgesperrten Tatort.
Politischer Hintergrund vermutet
Ermittler vermuten einen
politischen Hintergrund. Dies ergäben die Beweismittel am Tatort, wie
US-Vertreter am Montag in Washington mitteilten. Der Diplomat
Lawrence Foley war auf dem Weg zur Arbeit aus 1,5 Metern Entfernung
vor seinem Haus erschossen worden. "Es ist noch zu früh, um sichere
Aussagen zu treffen", hieß es aus Kreisen der Ermittler. Da man einen
Raubmord ausschließe, deuteten die Umstände auf ein politisches Motiv
hin. Lawrence Foley war leitender Mitarbeiter der US-Behörde für
Internationale Entwicklungsarbeit (USAID) in Amman.
Nach offizieller Darstellung handelte es sich um das erste
tödliche Attentat auf einen westlichen Diplomaten im arabischen Land,
das ein wichtiger Verbündeter der USA im Nahen Osten ist. Die
US-Botschaft erneuerte ihre Warnung vom 13. Oktober an alle US-Bürger
im Land. Vom Außenministerium in Washington gab es zunächst keine
Stellungnahme. Jordanien gilt als Land mit sehr strengen
Sicherheitsvorkehrungen. Gleichwohl konnten in der letzten Zeit
Anschläge auf Israelis in Amman oder auf Ziele entlang der Grenze mit
Israel nicht verhindert werden.
Jordanien hat Washington bisher beim Krieg gegen den Terrorismus
unterstützt. Jüngst sprach es sich aber gegen einen US-Angriff auf
das Nachbarland Irak aus und warnte vor einem Flächenbrand in der
Region. Trotzdem war es in US-Medienberichten wiederholt als
Aufmarschbasis für Militäraktionen gegen den Irak genannt worden. Die
Irak-Pläne Washingtons und die aus Sicht vieler Araber
pro-israelische Haltung der Regierung von US-Präsident George W. Bush
im Nahost-Konflikt haben in der Region in den vergangenen Monaten zu
einer neuen Welle des Anti-Amerikanismus geführt. In dem kleinen Land
leben etwa 1,5 Millionen palästinensische Flüchtlinge. Jordanien ist
neben Ägypten der einzige arabische Staat, der diplomatische
Beziehungen zu Israel unterhält.
Die US-Behörde USAID ist seit 1952 in Amman tätig und ist ein sehr
wichtiger Geldgeber und Unterstützer für das haschemitische
Königreich. Jordanien gehört zu den vier Ländern, die weltweit die
größte Unterstützung von USAID erfahren. 1998 belief sich die Hilfe
der Behörde in Jordanien auf 140 Millionen Dollar (143 Mill. Euro).
In den vergangenen zwei Jahren wurde der Betrag noch aufgestockt.
Außenminister Moasher und Planungsminister Bassem Auadallah statteten
dem US-Botschafter Edward Gnehm nach dem Anschlag einen Besuch ab. (APA/dpa/AP/Reuters)