EU
Tschechischer Regierungspolitiker Kühnl: FPÖ-Forderungen sind unerfüllbar
Für Karel Kühnl ist weder Nullvariante für Temelin noch Aufhebung der Benes-Dekrete denkbar
Wien - Karel Kühnl, der Klubobmann der kleinen tschechischen
Regierungs-Partei "Freiheitsunion", weist Forderungen der FPÖ nach
einer Nulloption für das AKW Temelin und nach Abschaffung der
Benes-Dekrete zurück. "Das ist für mich reiner Populismus, sagt Kühnl
in einem Interview in der Montag erscheinenden Ausgabe des
Nachrichtenmagazins "profil", er hoffe, dass die FPÖ "mit diesen
unerfüllbaren Forderungen allein" bleibe. Zu Temelin meint Kühnl, der
1997-1998 auch Industrie- und Energieminister war: "Wir können es uns
nicht leisten, eine Investition von über 100 Milliarden Kronen,
ungefähr ein Achtel unseres aktuellen Budgets, aufzugeben." Zur Frage einer Versöhnungsgeste im Zusammenhang mit den
Benes-Dekreten betont der rechtsliberale Politiker, dass auf diesen
Dekreten "die Wiederaufstehung der tschechoslowakischen
Staatlichkeit" beruhe. Kühnl im "profil": "Wir können sie nicht mit
einem Strich zu Unrecht erklären. Eine Aufhebung würde außerdem
Restitutionsforderungen seitens der Sudetendeutschen nach sich
ziehen. Das kann sich unser Staat nicht leisten." Kühnl schlägt als
ersten Schritt eine Geste gegenüber jenen Sudetendeutschen vor, "die
von den Nazis verfolgt waren und trotzdem vertrieben und enteignet
wurden."
Keine Drehscheibe
Nach Meinung des tschechischen Politikers hat es Österreich
verabsäumt, "Drehscheibe für die Wiedervereinigung Europas" zu
werden. "Meist blieb es bei Worten und Lippenbekenntnissen wie der
strategischen Partnerschaft."
Kühnl wertet es aber auch als Fehler, dass die tschechische
Republik die Sanktionen der EU gegen die österreichische Regierung
unterstützt hat. "Es war ausgesprochen dumm, Österreich so ins Eck zu
stellen." Ein "grober Fehler" Prags sei auch gewesen, nach 1989
Nachbarländer wie Österreich außer Acht gelassen zu haben: "Wir haben
Österreich nicht als wichtig genug erachtet, und Österreich hat viel
zu sehr seine eigenen Interessen in den Vordergrund gestellt." (APA)