Die Big Brother Awards 2002

wurden in diesem Jahr wieder im Wiener Flex vergeben. Zu den Veranstaltern zählen österreichische Datenschutz-Gruppen wie etwa quintessenz, die ARGE Daten, die Chello Usergroup (vormals TKUG), die public netbase und VIBE!AT.

Foto: gk

Während im Eingangsbereich

schon dichtes Gedränge herrscht...

Foto: gk

...wird auf der Bühne

noch an der Technik gefeilt. Aber um 21.45 war es soweit.

Foto: gk

Jene Personen und Institutionen

die sich im vergangenen Jahr während der grassierenden Überwachungshysterie seit dem 11. 9. 2001 besonders hervorgetan haben, sollten ihre verdienten Preise erhalten.

Foto: gk

Die Moderatoren

betreten die Bühne und werfen Plastik-Handschuhe ins Publikum.

Foto: gk

Simon Davies eröffnet die Preisverleihung

Davis kommt von Privacy International und Begründer der Big Brother Awards. Der erste Preis in der Kategorie Kommunikation ging an drei namentlich unbekannte Richter der Kärtner Ratskammer. In der Begründung heißt es: Das Landesgendarmeriekommando Kärtnen hatte es im Zuge der Ermittlungen in einer Einbruchsserie begehrt und Ratskammer Klagenfurt hatte dem Begehren ohne viel Umstände nachgegeben. Auf Order von drei namentlich unbekannten Richtern wurden alle vier Handynetzbetreiber verpflichtet, sämtliche Verbindungsdaten verschiedener Funkzellen in Kärnten über einen Zeitraum von mehreren Tagen abzuliefern. Zigtausende Datensätze unbescholtener Bürger wurden übermittelt und von den Behörden auf verdächtiges Bewegungs- und Kommunikationsverhalten analysiert. All das, weil ein halbes Jahr davor am Tatort eines Einbruchs ein Wertkartenhandy zurückgeblieben war.

Foto: gk

Der Preis

Ein Plastikzylinder gefüllt mit lebenden Kakerlaken als Anerkennung für die Ausgezeichneten. In der Kategorie "Behörden und Verwaltung" kam die Stadt Innsbruck zum Zug. In der "Laudatio heißt es: Wer zu Innsbruck Antrag auf Sozialhilfe stellt, der lasse alle Hoffnung auf ein Privatleben fahren. Nach vier Seiten detaillierter Fragen zu Familienstand, 'Begründung der Notlage', Einkommen und Vermögenswerten gestellt. Das ist ebenso üblich, wie umfangreiche Zustimmungserklärungen für Datenweitergaben. Nicht üblich sondern ungesetzlich ist, wenn diese Stellen werden nicht, wie es im Gesetz vorgesehen ist, abschließend aufgezählt, sondern bloß allgemein umschrieben, wer aller Auskünfte über den Sozialhilfe-Antragsteller kriegt. '[...] bei den jeweils zuständigen Stellen und Personen (Behörden, Ämtern, Banken und Kreditunternehmen, Organisationen, Instituten, karitativen Vereinen, Krankenanstalten, Ärzten, Dienstgebern und sonstigen Personen) eingeholt werden können.' Das heisst, die Innsbrucker Stadtverwaltung wird damit ermächtigt, ohne weiteren Erklärungen diese intimen Daten der Sozialhilfeempfänger praktisch an alle weitergeben zu können. Ressortmäßig zuständig für Jugendwohlfahrt, Soziales und damit für diese totale Entmündigung der Ärmsten ist der zweite Innsbrucker Vizebürgermeister Dipl.-Ing. Eugen Sprenger (2. Vizebürgermeister)

Foto: axelm http://nona.net/

Sieger in der Kategorie "Business und Finanzen"

Die Jury entschied sich für die Versicherung wegen dem Vertragstext der UNIQA für ihre Krankenzusatzversicherung "Gesundheit&Wertvoll" unter dem Titel "Zustimmung zur Ermittlung, Übermittlung und sonstigen Verwendung von Daten." Die Juroren: "Die garstige Pointe findet sich ganz unten: "Der Antragsteller und die zu versichernden Personen stimmen ausdrücklich zu, dass der Versicherer zur Beurteilung, ob und zu welchen Bedingungen ein Versicherungsvertrag geschlossen, geändert oder fortgesetzt wird sowie zur Beurteilung und Erfüllung von Ansprüchen aus dem Versicherungsvertrag über frühere, bestehende und bis zum Ende des Versicherungsschutzes eintretende Krankheiten, Unfallfolgen und Gebrechen sowie über beantragte, bestehende oder beendete Personenversicherungen bei Dritten (Ärzten, Krankenanstalten, sonstigen Einrichtungen der Krankenversorgung oder Gesundheitsvorsorge, Sozialversicherungsträgern, Versicherungsunternehmen, sonstigen Versicherungseinrichtungen, Behörden usw. alle dafür erforderlich erachteten Erkundigungen einzieht und diese Daten an den Versicherer übermittelt werden; sie entbinden den Befragten im Voraus für jeden Fall von der ärztlichen und sonstigen beruflichen Schweigepflicht." Egal unter welchen Umständen und welchen Krankheiten hat man also für alle Zukunft sämtliches medizinisches Personal von seiner Schweigepflicht gegenüber der UNIQA entbunden".

Montage: red

Die Auszeichnung

in der Kategorie "Politik" geht nach Linz für ein Überwachungssystem der kommenden U-Bahn. Die Begründung der Jury: "Zugleich überwacht das System auch die technische Sicherheit zum Beispiel der Aufzüge und Rolltreppen", sagte Landeshauptmann-Stellvertreter Erich Haider (SPÖ) als Verkehrsreferent zuständig für das System. Die Mini-U-Bahn in der oberösterreichischen Provinzmetropole Linz geht frühestens 2004 in Betrieb, das Überwachungssystem wurde hingegen jetzt schon ausgewählt und öffentlich abgefeiert. Mit Videokameras und Mikrofonen vollständig überwacht werden die Haltestellen sowie die unterirdischen Bereiche des neuen Hauptbahnhofs und die damit verbundenen Unterführungen. Die Überwachung basiert auf einem Konzept, das die ÖBB bereits im Großraum Wien einsetzt. Das System stützt sich auf ein computergesteuertes Programm, das automatisch auf außergewöhnliche Bewegungen und ungewöhnliche Schallfrequenzen reagiert. Betrieben werden soll das System von ÖBB und Linz-Linien in Zusammenarbeit mit der Polizei".

Foto: gk

Bild nicht mehr verfügbar.

Lifetime Achievment Award

für Bundesministerin Elisabeth Gehrer. In der Lobrede heißt es: "Laut Erlass 38.000/11/Z/3-2001 ist der umfassende Einsatz von Chipkarten/Biometrie in den Alltag - Bibliothek, Labor- und Sportstättennutzung - an Österreichs Schulen geplant. Nicht nur bei bestehenden Schülern/Studenten wird die Sozialversicherungsnummer erhoben, sondern auch nachträglich bei Absolventen. Letzteres ist nicht einmal durch das Bildungsevidenzgesetz gedeckt. Mit dem sogenannten Bildungsdokumentationsgesetzwird neben den Stammdaten auch ein Wust von persönlichen Daten der Schüler erhoben und verarbeitet. Religionsbekenntnis, "festgestellten sonderpädagogischen Förderbedarf", "Eigenschaft als ordentlicher oder außerordentlicher Schüler", Teilnahme an Unterrichts- und Betreuungsangeboten, Schulerfolg, die Schul- bzw. Unterrichtsorganisation, Bildungsverlauf, Inanspruchnahme von Transferleistungen aus dem Familienlastenausgleich usw. All das mit unbestimmtem Löschdatum. In dieser Benimm- und Betragensdatenbank des Grauens wird auf immerdar gespeichert, was bis jetzt der Gnade des Vergessenwerdens anheimgefallen ist: von den Dummheiten der Schulzeit bis zu intimen perönlichen Daten. Verantwortlich dafür zeichnet Frau Bundesminister Elisabeth Gehrer".

Foto: APA/Techt Hans Klaus

Bild nicht mehr verfügbar.

Beim Public Choice Award

konnte Innenminister Ernst Strasser den dreimal nominierten, aber nicht ausgezeichneten, Softwarekonzern Microsoft hintersich lassen. Strasser wurde vom Publikum in einer Internet-Umfrage am öftesten genannt. Ganz allgemein sei nochmal auf den Aussschreibungstext der Awards hingewiesen, der nicht unbedingt Rechtsverletzungen im straf- oder zivilrechtlichen Sinn, sondern das demokratische Gefährdungspotential an den Grundrechten als Kriterium nennt.

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER