Flucht und Politik
Internationale Reaktionen zur Erstürmung des Theaters
Erleichterung und Lob gemischt mit Trauer und Bedenken
Moskau/Berlin/Paris - Erste internationale
Reaktionen auf die Beendigung des Moskauer Geiseldramas, bei dem nach
offiziellen Angaben 67 Geiseln und 34 tschetschenische Rebellen
getötet wurden, sind unterschiedlich ausgefallen. Die USA lobten das
russische Vorgehen, Deutschland und Frankreich zeigten sich
erleichtert. Bedenken hinsichtlich
einer Verschärfung der Tschetschenien-Krise kamen aus Frankreich und
Schweden. Der amerikanische Botschafter in Moskau, Alexander Vershbow,
gratulierte den Behörden, dass der Verlust von Leben in Grenzen
gehalten worden sei."Wir sind erleichtert, dass die Geiselkrise zu
Ende ist, " sagte er am Samstag vor Journalisten vor der
US-Botschaft. Unter den Geiseln seien vier Amerikaner gewesen. An der
Aktion zur Geiselbefreiung seien keine amerikanische
Sicherheitskräfte, auch keine Beamte des FBI, beteiligt gewesen. Es
habe aber während der gesamten Krise engen Kontakt zwischen
russischen und amerikanischen Stellen gegeben. "Diese Geiselnahme war
ein klarer Akt von Terrorismus", sagte der Botschafter.
"Erleichterung"
Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder nahm die Nachricht
über das Ende des Geiseldramas in Moskau mit Erleichterung
aufgenommen. "Auch wenn über die Einzelheiten noch keine Klarheit
besteht, müssen wir froh sein, dass ein Großteil der Geiseln, unter
ihnen auch die Deutschen, nun in Sicherheit sind", hieß es in einer
am Samstag in Berlin veröffentlichten Presseerklärung. Schröder
sprach den Angehörigen der bei der Befreiungsaktion getöteten Geiseln
sein "tief empfundenes Beileid" aus.
Frankreich äußerte ebenfalls "Erleichterung" über die Beendigung
des Geiseldramas in Moskau und forderte gleichzeitig "dringend" eine
politische Lösung des Tschetschenien-Konflikts. Die Zahl der Toten
nach Erstürmung des Theaters sei hoch, "doch das Schlimmste konnte
verhindert werden", sagte der französische Premierminister
Jean-Pierre Raffarin am Samstag in Paris. Außenminister Dominique de
Villepin sagte, dass Krisen wie in Tschetschenien "dringend die
wirkliche Suche nach einer politischen Lösung" erforderten. "Es
reicht nicht aus, sich mit einem Abbau der Spannungen zu begnügen."
Die schwedische Regierung befürchtet eine Verschärfung des
Tschetschenien-Krieges als Folge der Geiselaktion in Moskau.
Außenministerin Anna Lindh sagte am Samstag im Rundfunk in Stockholm,
man müsse nach dem Ende der Geiselnahme in dem Theater nunmehr damit
rechnen, dass von russischer Seite die Bereitschaft zu einer
Verhandlungslösung äußerst gering sein werde. Die tschetschenischen
Geiselnehmer hätten dem Anliegen ihrer Landsleute eine extrem
schlechten Dienst erwiesen. Lindh wollte die Befreiungsaktion der
russischen Sicherheitskräfte für die Geiseln in dem Theater nicht
kommentieren.
Die finnische Regierung lobte hingegen das Vorgehen der russischen
Behörden. Außenminister Erkki Tuomioja sagte am Samstag in Helsinki
im Fernsehen, es scheine so, als habe Russland "mit Blick auf die
Lebensgefahr für Hunderte von Menschen in lobenswerter Weise agiert".
Die Geiselnahme selbst in dem Moskauer Theater nannte Tuomioja ein
"erschreckendes Beispiel für die Bedrohung durch den internationalen
Terrorismus". (APA/AP/dpa)