Deutschland
Türkei beschuldigt deutsche Stiftungen der Spionage
Gegen sechs Organisationen wurde beim Staatssicherheitsgericht Klage eingereicht - Berlin: "haltlose" Vorwürfe
Berlin/Ankara - Wegen des Vorwurfs der Spionage und der
staatszersetzenden Tätigkeit geht die türkische Justiz gegen deutsche
Stiftungen vor. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes bestätigte am
Freitag in Berlin, die Bundesregierung habe Kenntnis davon erhalten,
dass beim türkischen Staatssicherheitsgerichtshof Klage gegen
deutsche Stiftungen eingereicht worden sei. "Wir bleiben bei unserer
Auffassung, dass die Anschuldigungen haltlos sind", sagte die
Sprecherin weiter. Die Bundesregierung sei "zuversichtlich, dass sich
dies im Laufe des Verfahrens auch erweisen wird". Den Stiftungen
wurde die Anklage bis Freitagvormittag offenbar noch nicht
übermittelt.Angeblich "heimliche Allianz" mit örtlichen Partnern
Türkischen Medienberichten zufolge handelt es sich um sechs
Organisationen: die Konrad-Adenauer-Stiftung, die
Friedrich-Ebert-Stiftung, die Heinrich-Böll-Stiftung, die
Friedrich-Naumann-Stiftung, das Orient-Institut und die
internationale Menschenrechtsorganisation Fian. Das
Staatssicherheitsgericht werfe ihnen vor, eine "heimliche Allianz"
mit örtlichen Partnern aufgebaut zu haben, um die politische und
soziale Ordnung der Türkei und ihre Einheit zu untergraben. Der
Staatsanwalt fordert demnach acht bis 15 Jahre Haft für die insgesamt
15 Angeklagten, die meisten von ranghohe deutsche Vertreter der
Organisationen.
Deutscher Botschafter: Grundlose Vorwürfe
Der deutsche Botschafter in Ankara, Rudolf Schmidt, bezeichnete
die Vorwürfe als grundlos. Die Angelegenheit sei auch Thema der
Gespräche zwischen Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) und
seinem türkischen Kollegen Sükrü Sina Gürel in dieser Woche in Berlin
gewesen. Der Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung, Wulf Schönbohm,
sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Vorwürfe seien völliger Unsinn.
Er sprach von einem Justizskandal. Sein Kollege von der
Friedrich-Ebert-Stiftung, Hans Schumacher, erklärte, es handele sich
um eine Kampagne bestimmter Kreise, die einen EU-Beitritt der Türkei
ebenso wie die Reformen für mehr Demokratie ablehnten. Die
betroffenen Organisationen seien zum Opfer geworden, weil sie der
Türkei helfen wollten, näher an die EU zu kommen und die dafür
notwendigen Reformen umzusetzen. (APA/AFP)