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apa/epa/cerles

Wien - Ungeachtet der Flaute der Weltwirtschaft, weisen die Reformstaaten in Mittel- und Osteuropa um zwei Prozentpunkte höhere Wachstumsraten als die EU aus. Getragen wurden die Zuwächse von robuster Binnennachfrage in den Reformländern, sagt Peter Havlik vom Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW). Er geht von einem Plus von 3,5 Prozent für 2003 für Tschechien, Ungarn, Slowenien und die Slowakei aus.

Besorgniserregend sei die Situation dagegen in Polen - das Land sei vom Musterschüler Mitte der 90er-Jahre zum Schlusslicht unter den Reformländern geworden. 2003 werde Polen nur um 1,3 Prozent zulegen, heuer stagniere die Wirtschaft, die Binnennachfrage sei gering, ebenso die Investitionen - und das bei hohen Zinsen und einem wachsenden Budgetdefizit.
Selbst wenn die EU-Konjunktur nur langsam in Fahrt komme, bleibe das Tempo des Aufholprozesses gegenüber der EU aufrecht. Dennoch: "Das reicht nicht, um den erheblichen Rückstand zur EU rasch aufzuholen", so der Ökonom. Selbst das am weitesten entwickelte Land - Slowenien - werde 2015 noch nicht die durchschnittliche EU-Kaufkraft erreichen.
Durch die Osterweiterung werde eine heterogene wirtschaftliche Situation in Europa entstehen, mit sehr großen Unterschieden im Entwicklungsniveau. Größtes Problem der Reformländer sei die Arbeitslosigkeit. Bisher seien auch keine Tendenzen einer Besserung sichtbar, sagte Havlik. Dies gelte besonders für Polen, die Slowakei, Rumänien, Bulgarien und Ex-Jugoslawien.

Inflation meist niedrig

Die Inflation sei in der Regel in den meisten Ländern niedrig und stelle kein Problem dar. Die reale Aufwertung der meisten mittel- und osteuropäischen Währungen und die stockende Nachfrage aus der EU führten aber zur Abschwächung der Produktion und der Exporte. Die Industrieproduktion wachse nur langsam, in einigen Ländern gehe sie gar zurück. Dies beeinflusse, gekoppelt mit geringen Zuwächsen der Produzentenpreise, die Finanzlage der Firmen negativ.

2003 könnte die private Binnennachfrage vor allem in Ungarn und der Slowakei wieder zurückgehen, zumal diese im Vorfeld der Wahlen mittels höherer Löhne und Einkommen gezielt gesteuert worden sei. Dies sei jedoch auf Kosten des Budgetdefizits gegangen, das müsse nach den Wahlen wieder korrigiert werden. Die Haushaltslöcher lägen in den meisten Ländern zwischen vier und 6,5 Prozent des BIP. In Ungarn, Tschechien, der Slowakei und Polen hätten sie sich in den letzten Jahren vergrößert; mit dem EU-Beitritt werde jedoch Druck entstehen, die Defizite durch Strukturreformen bei Gesundheit und Pensionen abzubauen. (rose/DER STANDARD, Printausgabe, 25.10.2002)