Transitforum-Chef Fritz Gurgiser im STANDARD-Interview: Erstmals werden fünf Transitrouten gleichzeitig blockiert
Redaktion
,
STANDARD:
Welches Ziel verfolgen Sie mit den
Blockaden?
Gurgiser:
Es muss die Obergrenze bei den Transitfahrten beibehalten werden. Ansonsten
droht innerhalb kürzester Zeit eine Verdoppelung auf drei Millionen Fahrten. Fällt die Obergrenze, würden die Routen durch Tirol und
Salzburg alles aufsaugen, was von Frankreich
und der Schweiz herübergeleitet wird.
STANDARD:
Wieso eine Verdoppelung?
Gurgiser:
Weil die Kommission die Zahl der
Ökopunkte für 2004 bei 9,5 Millionen einfrieren will. Fahrzeuge die mit drei Ökopunkten
auskommen, sind technisch bereits möglich.
STANDARD:
Ein zentraler Kritikpunkt ist die
Schadstoffbelastung.
Gurgiser:
Solange die im Beitrittsvertrag fixierte
Schadstoffreduktion um 60 Prozent nicht erfüllt ist, darf man sich nicht sang- und klanglos
von diesem Vertrag verabschieden. Der Protest
findet im Inntal statt, weil die Gefahr besteht,
dass Haushalte, Gewerbe und Industrie zugunsten des Transits Einschränkungen hinnehmen müssen und Neuanlagen nur mehr mit
hohen Umweltauflagen möglich sind.
STANDARD:
Welche Alternativen bieten Sie an?
Gurgiser:
Wir brauchen das Rad nicht neu zu erfinden. Die Wegekostenrichtlinie und die Anlastung externer Kosten, das sind Ideen die in
den letzten zehn Jahren im Alpenraum
entstanden sind. Inzwischen hat die EU-Kommission diese Vorschläge in ihre Grün-,
Schwarz- und Weißbücher reingeschrieben.
Das gilt es endlich umzusetzen. Wer Kosten
verursacht, ist dafür zu belasten. Dann reduziert sich der Verkehr von selber, weil es dann
für viele Unternehmen keinen Sinn mehr
macht, ihren Plunder kreuz und quer durch Europa zu transportieren.
STANDARD:
Welche Reaktionen erwarten Sie auf
die Blockaden?
Gurgiser:
Die Versammlungen sind ein deutliches Warnsignal aus jenem Teil der Alpen, der
am höchsten belastet ist. Wichtig ist, dass die
Verursacher erfahren, dass sie so und so nicht
gewinnen. Fällt die Obergrenze bei den Lkw,
dann ist die Republik Österreich zu anderen
Maßnahmen verpflichtet, weil ständig die
Grenzwerte überschritten werden.
STANDARD:
Wie sieht Ihre verkehrspolitische Regierungsbilanz aus?
Gurgiser:
Es ist die schlechteste Bilanz aller Regierungen. In der ÖVP hat der Kanzler selbst die
Weichen für den Fall der Obergrenze gestellt
und aufgehört, darum zu kämpfen. Die FPÖ hat
alle neun Monate einen neuen Minister gebraucht. Da muss man sich nicht wundern,
wenn nichts weitergeht. (Hannes Schlosser/DER STANDARD, Printausgabe, 25./26./27.10.2002)
Forum:
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