Graz - Vor ein paar Jahren, unter Christine Frisinghelli, widmete sich der steirische herbst dem Fremden. Beziehungsweise der Vermischung, dem Remix als sinnstiftende Elemente. Denn, wie es Slavoj Zizek ausdrückte: Das Andere wird schon allein dadurch, dass es als solches bezeichnet wird, von der Wir-Gemeinschaft ausgeschlossen. Unter Peter Oswald greift das Festival die alte Thematik wieder auf. Weil es, wie im Programmbuch zu lesen ist, "zunehmende Tendenzen und Bestrebungen innerhalb der Gegenwartskunst" gebe, "von neuem existenzielle Fragen zum Ausdruck zu bringen". Allerdings macht man einen Schritt zurück - zum Fremdkörper . Und der Intendant schreibt im Vorwort, das Fremde diene "zusehends" dazu, sich der eigenen Identität zu vergewissern: Es werde instrumentalisiert, um Außenseiter, aber auch Künstler "rassistisch zu diskriminieren und zu diffamieren". Neu hingegen ist der Termin der Eröffnung, die heute, Donnerstag, um 20 Uhr im Grazer Schauspielhaus mit einer Rede des Architekten Wolf D. Prix beginnt: In der 35-jährigen Geschichte des Festivals begann kein herbst später. Und keiner reichte in den Winter - beziehungsweise in das darauf folgende Jahr.

Aber Oswald arbeitet eben für Graz 2003. Und so findet die Wiederaufnahme von Beat Furrers Begehren am 9. Jänner statt - als Eröffnungs-Gig der Helmut-List-Halle, der künftigen Heimstatt des herbstes, auch szenisch. Und gar bis März läuft die Architekturausstellung Latente Utopien.

Diese Schau kommt für herbst-Verhältnisse ziemlich teuer: Sie kostet 1,1 Millionen Euro. Oswald beschränkt sich daher auf wenige Produktionen, doch diese seien, wie er beteuert, erstklassig: Tintentod von Josef Winkler wird umgearbeitet wiederaufgenommen, Kathrin Rögglas fake reports wurden kürzlich im Wiener Volkstheater uraufgeführt. Gleich drei Regisseure bereiten in Graz Elfriede Jelineks Prinzessinnendramen I-III, vor zwei Tagen in Hamburg aus der Taufe gehoben, auf. Und von Schwetzingen übernommen wird Achim Freyers Inszenierung von Salvatore Sciarrinos Macbeth. Allerdings, so Oswald, spiele ein besseres Orchester, das Klangforum Wien. Die wahre Uraufführung finde daher am 7. 11. in Graz statt.

Zudem denkt er nicht in Jahreszeiten. Im Oktober 2003 sollen Lost Highway von Olga Neuwirth und Jelinek sowie Theater der Wiederholung von Bernhard Lang uraufgeführt werden. Vier zeitgenössische Musikdramen innerhalb nur eines Jahres herauszubringen: Das macht Peter Oswald so bald niemand nach. (DER STANDARD, Printausgabe, 24.10.2002)