In einer an das Parlament gerichteten Stellungnahme machte die Regierung vergangene Woche deutlich, dass sie noch vor der Erweiterung eine Reform der Agrarpolitik durchzusetzen will. Die Niederlande befürchten, dass sonst die Kosten aus dem Ruder laufen. Falls diese Reform nicht gelingt, sollen die Niederlande nach dem Willen der mitregierenden Rechtsliberalen auf dem EU-Erweiterungsgipfel in Kopenhagen im Dezember ein Veto gegen die Aufnahme neuer Mitgliedsstaaten einlegen.
Premier Balkenende lehnt dieses Junktim ab. Bei der Debatte verabschiedete sich auch die LPF von diesem Standpunkt. Ihr Sprecher Frits Palm sprach sich grundsätzlich gegen die Aufnahme neuer Mitglieder in die EU aus. Man benötige noch mehr Zeit und keiner der Kandidaten erfülle die Beitrittsbedingungen.
Besonders die kleineren linken Parteien wollen nun die Bevölkerung zu Wort kommen zu lassen. Auch die Sprecher der Linksliberalen, der Sozialisten und der LPF forderten ein Referendum. Nach der derzeitigen Rechtslage hat ein solches nur konsultativen Charakter und kann nur über Gesetze abgehalten werden, die bereits verabschiedet wurden. Um die Niederländer im Frühjahr noch vor der Ratifizierung der Beitrittsverträge abstimmen zu lassen, müsste das Referendumsgesetz geändert werden. Dafür zeichnete sich Mittwoch ebenfalls eine Mehrheit ab - selbst bei den Rechtsliberalen und Christdemokraten, die ursprünglich gegen das Referendumsgesetz waren. (DER STANDARD, Printausgabe, 24.10.2002)