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Oz vermisst eine Vision bei den Amerikanern und wünscht sich einen europäischen "Marschall-Plan"

Foto: APA/EPA/Yedioth
Hamburg/Wien - Ein Krieg gegen den Irak ist nach Auffassung des israelischen Schriftstellers Amos Oz, anders als der Golfkrieg 1991, "derzeit nicht zu rechtfertigen". In einem Gespräch mit dem "Spiegel online" sagte Oz, selbst wenn US-Präsident George W. Bush mit seiner Analyse hundertprozentig Recht habe, gebe er die falsche Antwort. "Ein Jahr nach den September-Attentaten fehlt es den Amerikanern an einer Vision, es fehlt an Einfühlungsvermögen." Oz sprach sich insbesondere für einen "Marshall-Plan" für den Nahen Osten aus: "Was wir bräuchten, ist ein Marshall-Plan. US-Präsident Harry S. Truman entschied, 25 Prozent der staatlichen Einnahmen ehemaligen Feinden zu geben. Die beste Investition, die eine Supermacht je getätigt hat. Dieses Mal wäre es auch an Europa, bei den Gebern zu sein." "Den Finger zu heben wie eine alte viktorianische Gouvernante ist einfach, aber kontraproduktiv. Es genügt nicht, dass sich die Europäer moralisch überlegen fühlen und von den Höhen ihrer Zivilisation hinabschauen auf diese Wilden, die sich da unten bekriegen", so Amos Oz. Positive Exempel statuieren "Es geht darum, positive Exempel zu statuieren. Würde man die Milliarden Dollar, die der Golfkrieg kosten wird, ins benachbarte Jordanien pumpen, schüfe man ein prosperierendes arabisches Land, das relativ demokratisch wäre. Die Bewohner benachbarter Staaten würden vor Neid platzen. Wenn die Iraker aus dem Fenster schauten, jagten sie Saddam davon. Es ist auch dringend nötig, die Türkei in die Europäische Union aufzunehmen. Dies würde Signale in die ganze arabische Welt aussenden. Wenn die Türkei aber den Islamisten in die Hände fällt, wird dies ein Erdbeben auf drei Kontinenten von Marokko bis Malaysia, vom Sudan bis nach Tschetschenien auslösen." "Oft höre ich von Deutschen, angesichts der Leiden sei es doch ganz normal, dass sich die Palästinenser wehren. Andererseits hätten die Juden in ihrer Geschichte bereits so viel Schreckliches erfahren, dass es man sich wundern müsse, wie sie nun so gewalttätig sein könnten. Das heißt: Solange die Palästinenser leiden, hat man Verständnis für ihre Gewaltakte - wenn sich aber Juden wehren, hat man keines. Außerdem heißt Opfer zu sein nicht unbedingt, das Recht auf seiner Seite zu haben. Es liegt ein sonderbarer Schatten auf den europäisch-israelischen Beziehungen", bemerkt Oz. (APA)