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Vivendi-Chef Jean-René Fourtou versucht, durch den Verkauf seiner Verlagssparte an Lagardére, die britische Vodafone von französischen Mobilfunkmarkt fern zu halten.

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Paris - Frankreichs Schulbücher werden künftig wohl nur Gutes über Jean-Luc Lagardère zu berichten wissen. Der 74-jährige Großunternehmer dürfte nämlich in Zukunft rund 80 Prozent der französischen Schulbücher herausgeben. Bei Taschenbüchern und Buchvertrieb gehen Schätzungen von 75 Prozent aus. Diese Machtballung wird Tatsache, wenn Vivendi Universal Publishing (VUP) seine zum Teil prestigereichen Großverlage wie Larousse, Plon, Nathan, Robert Laffont oder Pocket an Lagardère verkauft. Vivendi-Chef Jean-René Fourtou hatte aus drei Kaufkandidaten Lagardère ausgewählt, um Verhandlungen über den VUP-Erwerb zu führen. Als Verhandlungsbasis wird ein Kaufpreis von 1,25 Mrd. Euro genannt. Barzahler Den Ausschlag für Lagardère gab zweifellos, dass der Rennpferdezüchter und Besitzer von 200 Zeitschriftentiteln den Kaufpreis rasch und in bar bezahlen kann. Der hoch verschuldete Vivendi-Konzern braucht seit einer Woche dringend Geld, um den Angriff des britischen Mobilfunkbetreibers Vodafone auf die Nummer zwei der Branche in Frankreich, Cégétél, abzuwehren. Vivendi hält an dem rentablen, an der Börse 6,3 Mrd. Euro schweren Betreiber 44 Prozent und will ihn auf keinen Fall verlieren. Amerikaner bleiben auf der Strecke Auf der Strecke bleiben amerikanische Investoren, die sich zum Teil mit mittleren französischen Verlagen zusammengetan hatten. Offen bleibt noch das Schicksal des US-Verlags Houghton Mifflin, den Ex-Vivendi-Chef Jean-Marie Messier für 2,2 Mrd. EURO gekauft hatte. Lagardère ist an einer Übernahme nicht interessiert, US-Kandidaten bieten bisher maximal 1,2 Mrd. EURO. Die Reaktionen in Frankreich fielen gemischt aus. Zum einen herrschte Erleichterung, dass die VUP-Verlage in nationaler Hand bleiben. Der Verband der französischen Buchhandlungen erklärte dagegen, der Verkauf an Lagardère sei "nicht die gute Option", da damit in Frankreich eine monopolähnliche Situation bei Vertrieb und Herausgabe entstehe. Wind aus den Segeln Jean-Luc Lagardère und sein Sohn Arnaud, deren Familienimperium auf den Pfeilern Verlag (Hachette) sowie Luftfahrt und Auto (Matra, EADS) ruht, hatten bereits Anfang der Woche versucht, möglicher Kritik den Wind aus den Segeln zu nehmen. Sie sind bereit, einige Verlagszweige abzugeben, und haben mit den Brüsseler Wettbewerbsbehörden Kontakt aufgenommen, um einem Veto der Kommission zuvorzukommen. International verstärkt sich Lagardère-Hachette durch VUP in Spanien, England und Südamerika, was ihn auf eine Ebene mit Branchengrößen wie Random House (USA), Bertelsmann (Deutschland) oder Pearson (England) bringen würde. (Stefan Brändle, DER STANDARD, Printausgabe 24.10.2002)