Aufstiegswillig: Hae-Joo

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Altruistisch: Tae-Hee

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Absturzbedroht: Ji-Young

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Unverwüstlich pragmatisch: Bi-Ryu und Ohn-Jo

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Goyang-Irul Bootak-Hae / Take Care Of My Cat
24.10., 23.30 M
26.10., 15.30 G

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Beim vorjährigen Chat mit Festival-Direktor Hans Hurch lautete eine Frage sinngemäß: "Meine Schwester ist ein Teenager. Was hat die Viennale für sie im Angebot?" 2002 kann man zumindest mal eine Empfehlung guten Gewissens geben: Goyang-Irul Bootek-Hae / Take Care Of My Cat , der Debütfilm der 1969 geborenen Südkoreanerin Jeong Jae-Eun, kommuniziert mit Oberflächen Lebenshilfen. "Wir marschieren voran!" - singen zu Filmbeginn im Einklang fünf Mädchen noch in Schuluniformen in der gleich neben der Metropole Seoul gelegenen Hafenstadt Inchon. Der Eintritt in die Erwachsenenwelt des rüden südkoreanischen Kaptialismus fordert jedoch bald Tribut, Biographien mit dahinterliegenden Grundprinzipien schälen sich heraus. Fünf plus Eins Für Karrierewillen steht die täglich ins Bankenzentrum pilgernde Hae-Joo, die anfänglich den Status als frisches Gesicht im Heer der Büro-Uniformierten genießt. Gutmütigkeit prägt Tae-Jee, die zwischen Rezeptionstätigkeit in der Sauna im Familienbesitz und Tipparbeiten für einen behinderten Poeten stagniert. Vollends in den Selbstverlust droht Ji-Young zu gleiten - mit armem Backgrund und unfokussierten Kunst-Ambitionen. Nur die Zwillinge Bi-Ryu und Ohn-Jo sind gefeit - Teamgeist und eiserner Pragmatismus prägen die Töchter chinesischer Einwanderer bei ihren Kleinhandelsaktivitäten. Bei der Katze des Titels handelt es sich um ein ausgesetztes Kätzchen, das Ji-Young aufliest und das in der Folge von Hand zu Hand wandert. Die Sorgepflicht für ein emotionell besetztes Tier wie einen schwarzen Peter und mit unterschiedlichen Skrupeln weiterzureichen - das mag sicherlich ein einfaches Erzählmittel sein. Effektiv aber ist es zur Bebilderung des Wandels einer kollektiven Freundschaft, des Auseinander- und wieder Zusammendriftens, der Suche nach lebbaren Kompromissen und Befreiungsschlägen. Durchmarsch mit Grundlage Kein Zweifel, wen die Geschichte konzeptuell in erster Linie ansprechen soll: die gleichaltrige Jugend im starken Inlandsmarkt, dann die der Diaspora. Punkt. Weil sich das fertige Produkt aber als ein ausgesprochen rundes und in einigem international vorbildhaftes entpuppt hat, öffneten sich zahlreiche Festivaltore einem sogenannten Kommerzprodukt: Auf den großen Umschlagplatz für Asiatica, das Filmfestival von Rotterdam im Jänner, folgten mehrere Kontinente - und nun auch die Viennale. Drei Qualitäten seien hervorgehoben: Zum einen tänzelt der Film geschäftig zwischen den Fünfen herum, wie mit zu wenig Zeit und Lust zu dramatischen Auftritten. Auch der Umstand, dass die Fünf an ihrem eigenen Fortkommen und den Wandlungen ihrer Freundschaft weit interessierter sind als an der Boyfriend-Frage, ist einer mittelständischen Konsument(inn)engruppe wohl angemessener, als es die landläufige Filmindustriemeinung glauben will. Nonstop-Geklingel Und schließlich bekommen die Mobiltelephone endlich einmal den ihnen im realen Leben zukommenden Stellenwert. Wenn Klingelmelodien ausprobiert werden, zahllose Konferenzschaltungen für Verabredungen abgehalten und en passant neue Geräte angeschafft ("Die Nummer möchte ich aber behalten") ist das sicherlich nicht, wie manche mit wohl besonders tiefsinnigen Jugendjahren monierten, ein Symbol für die oberflächliche Natur von Freundschaften. Es sind bloß Handies, forchristssake! Der Film spiegelt die Kommunikationsweise: Wenn im Frühzug in die Hauptstadt ein SMS versandt wird - "Du schläfst wahrscheinlich noch. Wir sehen uns morgen im Club 369 um 7.00" -, erscheint auf der Leinwand in Überblendung das Display. Und da sind die Koreaner um eines zu beneiden: Ihre grafisch geklärten Schriftzeichen - Striche und Ovale, nicht so an Tuschpinsel gemahnend wie die japanischen oder chinesischen Zeichen - machen sich in LCD-Optik ungemein gut. Wenn sie etwa auch in gimmickhafter Weise an Hauswänden und Tischkanten entlanglaufen. Ziemlich passend auch die Programmierung im Viennale-Programm: Für die Senioren, die Formales und etwa auch den Einsatz von Alkohol und Zigaretten einer näheren Betrachtung unterwerfen wollen, gibt es am Donnerstag im kleinen Metro eine 23.30-Uhr-Vorstellung; das große Screening folgt dann zielgruppengerecht am Samstag, 15.30, im Gartenbaukino. ( ~hcl~ )