Wirtschaft
Europarichter kippen zum zweiten Mal Fusionsverbot
Neue Hoffnung für Elektro-Riesen aus Schneider und Legrand
Luxemburg/Paris/Brüssel - Luxemburger Europarichter
haben zum zweiten Mal ein Fusionsverbot der Brüsseler EU-Kommission
gekippt und dabei den Sachverstand der Behörde von Kartellkommissar
Mario Monti in Frage gestellt. Bei der Bewertung des
Zusammenschlusses zwischen den französischen Elektrofirmen Schneider
und Legrand seien der Kommission zahlreiche Fehler unterlaufen,
befand das Europäische Gericht erster Instanz am Dienstag. Die Unternehmen könnten das vor einem Jahr gestoppte Vorhaben nun
wieder aufnehmen. Die Kommission wiederum will ihr Regelwerk
verbessern. Sie könnte in dem Fall auch noch Berufung einlegen.
"Mit Fehlern und Auslassungen gespickt"
"Die wirtschaftliche Analyse der Kommission ist mit Fehlern und
Auslassungen gespickt", erklärte das Gericht. Lediglich für
Teilmärkte in Frankreich habe die Kommission stichhaltig
Wettbewerbsbeschränkungen durch die Fusion nachweisen können. Dies
reiche nicht aus, um das Verbot zu rechtfertigen. EU-Kommissar Monti
hatte sein Veto mit einer Einschränkung des Wettbewerbs auch in sechs
weiteren EU-Staaten begründet. Durch eine Fusion werde die
Konzentration gefördert, die Großhändler von Elektrogeräten würden
erpressbar, hatte die Kommission argumentiert.
Die Firma Schneider Electric zeigte sich zufrieden mit dem Urteil,
wollte sich aber zunächst nicht dazu äußern, ob sie die Fusion mit
Legrand zum weltgrößten Hersteller von Elektro-Haushaltsgeräten nun
erneut betreiben will. Schneider hatte im Sommer 2001 im Tausch gegen
eigene Aktien und 300 Mill. Euro in bar 98,1 Prozent an Legrand
erworben. Nach dem EU-Verbot musste das Unternehmen die Anteile
abstoßen; sie gingen für 3,63 Mrd. Euro an ein Konsortium der
Investment-Fonds Wendel Investissement aus Frankreich und Kohlberg
Kravis Roberts (KKR) aus den USA. Gegen eine Entschädigung von 180
Mill. Euro kann Schneider das Paket nun wieder zurückkaufen; darüber
muss die Firma bis zum 10. Dezember entscheiden.
Verbesserungsvorschläge
Montis Sprecherin Amelia Torres sagte, die EU-Kommission werde
zunächst die Urteilsbegründung eingehend prüfen und dann über eine
mögliche Berufung beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) entscheiden.
Dafür habe Brüssel zwei Monate Zeit. Monti werde zudem bis Jahresende
Verbesserungsvorschläge für die EU-Fusionskontrolle vorlegen. Der
Kommissar sei sich der "Unzulänglichkeiten" des bisherigen Regelwerks
bewusst, betonte Torres.
Im Juni hatte das Luxemburger Gericht das 1999 erlassene Brüsseler
Veto gegen den Zusammenschluss der britischen Reiseveranstalter
Airtours und FirstChoice für nichtig erklärt. Die Kommission hatte
damals angekündigt, gegen diese Entscheidung in Berufung zu gehen. (APA)