Reisen aktuell
Terrorangst: Deutsche ändern Urlaubspläne
Umfrage zeigt Auswirkungen bei Wahl der Urlaubsziele - Große Probleme für die deutsche Reisebranche
Köln/München - Wegen der Terroranschläge auf der
indonesischen Insel Bali will einer Umfrage zufolge jeder dritte
Deutsche seine Urlaubspläne ändern. Nach einer am Montag
veröffentlichten Forsa-Umfrage kommen für 78 Prozent der
Bundesbürger Reisen in ein islamisches Land derzeit überhaupt nicht
in Frage. Der Deutsche Reisebüroverband (DRV) befürchtet wegen der
Anschläge, aber auch wegen der Konjunkturkrise Liquiditätsprobleme
für viele Agenturen. Eine Trendwende könne die Branche im kommenden
Jahr nur bei stabilen weltpolitischen Verhältnissen erwarten, sagte
DRV-Chef Klaus Laepple. Schon 700 Reisebüros seien dieses Jahr in die
Pleite gegangen.
Befragung
Der Forsa-Umfrage im Auftrag des Fernsehsenders RTL zufolge will
mehr als ein Drittel (36 Prozent) der Bundesbürger die Reisepläne
nach dem Attentat von Bali überdenken. 49 Prozent wollten unverändert
an ihren Urlaubsplänen festhalten; die übrigen 15 Prozent hätten sich
über ihren Urlaub noch keine Gedanken gemacht oder verreisten nicht.
Vier von fünf Befragten wollen den Angaben zufolge auf keinen Fall
nach Bali reisen. Knapp 70 Prozent wollten von einem Besuch in
Tunesien und Ägypten nichts mehr wissen. Fast jeder Zweite lehne in
näherer Zukunft auch einen Urlaub in der Türkei ab. Für die Umfrage
erkundigte sich das Forsa-Institut zwischen dem 14. und dem 18.
Oktober bei 1002 Bundesbürgern nach ihren Urlaubsplänen.
Branche leidet
DRV-Chef Klaus Laepple sagte der "Süddeutschen Zeitung", er hoffe,
dass sich die die allgemeine Zurückhaltung der Urlauber nicht vollständig auf Asien auswirke. Im laufenden Jahr seien die
Aussichten allerdings düster: "Reisebüros, die 2002 einen Gewinn
machen, werden Sie mit der Lupe suchen müssen", sagte Laepple.
Bereits vor den Anschlägen auf Bali hatte der Weltreiserat die
Verluste, die der deutschen Reisebranche für die Jahre 2001 und 2002
durch die gesunkene Nachfrage entstünden, auf insgesamt rund 25,6
Milliarden Euro beziffert.
Zwar seien 700 Pleiten bei insgesamt über 20.000 Reisebüros in
Deutschland "nicht viel", sagte Laepple. Vor allem Kleinstagenturen
und Mischgeschäfte wie Lotto-Toto-Annahmestellen hätten sich nicht
halten können. Doch auch größere Reisebüros könnten demnächst
zahlungsunfähig werden, weil sie von den Reiseveranstaltern in diesem
Jahr keine Zusatzprovisionen für besonders gute Geschäfte erwarten
könnten, sagte Laepple. Ob das Reisebüro-Sterben weitergehe, hänge
nun vor allem vom Umgang der Banken mit der Liquiditätskrise vieler
Agenturen ab.
Zuwächse im kommenden Jahr?
Schon im kommenden Jahr kann die Branche nach Schätzung des DRV
wieder Umsatzzuwächse zwischen vier und sechs Prozent erwarten.
Voraussetzung sei allerdings, dass die weltpolitische Lage stabil
bleibe, betonte Laepple. Für den Fall eines Kriegs gegen Irak hätten
die Touristikunternehmen bereits Vorsorge getroffen: Urlauber, die
Reisen in die betroffene Region gebucht hätten, könnten dann in
andere Reiseländer "umgelenkt" werden. Die Devise laute dann: "Go
West". (APA/red)