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St. Georgen - Die gelb und rot verfärbten Blätter der Bäume verwandeln das leicht hügelige Innviertel in einen bunten Fleckerlteppich. Auf einem dieser Hügel - dieser ist 488 Meter hoch - ragt der Turm der Pfarrkirche St. Georgen in den verregneten Himmel. Die schmale Straße dorthin führt vorbei am einzigen Wirtshaus (mit der Kardinalschnitte als Spezialität), wenigen holzgetäfelten Bauernhäusern, der Volksschule, der Feuerwehr und dem Gemeindeamt. Dieses Häuserkonglomerat bildet den Hauptort der Gemeinde St. Georgen am Fillmannsbach. Einen Nahversorger gibt es nicht, die Post wurde im Juni dieses Jahres aufgelassen. "Eine Oase der Ruhe und Erholung", titelt ein Wanderführer. Ein "sündiger Ort", wenn es nach deutschen Gazetten geht, denn in St. Georgen soll es die meisten unehelichen Kinder geben. Und eine Hochburg für die Freiheitlichen, wie aus der Gemeindechronik hervorgeht. Seit Ende des Zweiten Weltkrieges stellt die FPÖ (anfangs noch VDU) den Bürgermeister. "Schwer zu sagen, warum das so ist", meint der amtierende Bürgermeister Franz Kastinger. In St. Georgen bei Braunau sei dies so "gewachsen". Dem haben sich auch die Roten gefügt. "In den 60er-Jahren löste sich die SPÖ-Ortsgruppe auf", berichtet Gemeindesekretär Alois Kanz. Grüne gibt es gar nicht. Der Sieg der Blauen ist ungebrochen. Bei den letzten Nationalratswahlen votierten von 226 Wählern 128 für die Freiheitlichen. "Aus Tradition", so der Bürgermeister. Ein Wort, das auch der Gemeindesekretär immer wieder benutzt. Wenn es etwa um die 410 Einwohner geht. Aus Tradition (Nebenerwerbs-)Landwirte. Von den 7,2 Quadratkilometern Gemeindefläche sind 5,4 Felder. Die Gemeindestraßen besitzen noch die Breite von Güterwegen, werden jetzt aber ausgebaut. "Bei uns spielt sich nicht die große Politik ab", sagt Kastinger. Von seiner Partei ist er ohnedies enttäuscht. Dass die "guten Führungskräfte" wie Riess-Passer und Grasser gegangen sind, findet er "schade". (Kerstin Scheller/DER STANDARD, Printausgabe, 19/20.10.2002)