Wien/Straßburg - Leendert Adrie Geelhoed, Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofes, setzt die österreichische Finanz in Zugzwang: In seinem Schlussantrag C-155/01 vertritt er die Meinung, das österreichische Steuergesetz zum Leasen von Firmenautos in anderen EU-Staaten sei rechtswidrig. Sollte der EuGH der Feststellung des Generalanwaltes folgen - was er in vier von fünf Fällen auch tut -, droht dem österreichischen Budget ein Entfall von Einnahmen in Höhe von Zigmillionen Euro. Denn dann wäre möglich, was beim EU-Beitritt quasi in letzter Minute ausgeschaltet worden war: Bei Autos, die bei einer deutschen Leasingfirma geleast werden, würde der in Deutschland unbeschränkte "Vorsteuerabzug" schlagend. Leasingraten pro Monat wären dabei um 20 Prozent billiger - bei teilweiser Privatnutzung des Pkw ist die Ersparnis halb so groß. Urteil Anfang 2003 Das Urteil wird für Anfang 2003 erwartet. Wie viele Millionen auf dem Spiel stehen, hängt davon ab, wie viele Flotten nach Deutschland ausweichen. In Österreich werden pro Jahr knapp 300.000 Pkw neu gekauft, ein Drittel davon ist leasingfinanziert, davon wiederum sind knapp zwei Drittel Firmenautos. Im Finanzministerium heißt es, "es könnte sicher einiges kosten". Die Umsatzsteuer wäre "sofort weg". Die damit verbundenen höheren Einnahmen aus den Ertragssteuern wären erstens zeitlich versetzt, zweitens würden sie das Umsatzsteuerminus nicht kompensieren. Schätzungen der Leasingfirmen über ein betroffenes Steuervolumen von einer Milliarde Euro dürften aber zu hoch sein. Seit längerem anhängig Die Sache ist schon seit längerem anhängig: Gegen einen Bescheid der Finanzlandesdirektion Tirol hat die Firma Cookies World berufen. Die Sache ging an den Verwaltungsgerichtshof, dieser reichte sie wiederum als "Vorabentscheidungsansuchen" an den EuGH weiter. Bisher gibt es nur ein heimisches Unternehmen, das in Freilassing in Bayern einen Niederlassung gegründet hat, nämlich die Alphabet Austria Fuhrparkmanagement (BMW Austria). Laut Geschäftsführer Norbert Seibringer hat man 2000 Kunden. Auch die Leasingtöchter der Banken wälzen bereits Pläne. Der Fahrzeughandel hingegen bangt um Flottengeschäfte. Bredouille Der Finanzminister ist jedenfalls in einer Zwickmühle: Der Verlust von Steuereinnahmen droht auf jeden Fall, ob nun Firmen vermehrt in Deutschland anmelden, oder ob in Österreich der Vorsteuerabzug wieder erweitert wird. Letzteres ist unwahrscheinlich, weil noch teurer. Die Beamten im Finanzministerium entwerfen bereits Szenarien, um "schwere Bröseln", so ein Beamter, auszuschalten. Darüber hinaus droht im Jänner das weiter Ungemach: das EuGH-Urteil zur Getränkesteuer. (DER STANDARD, Printausgabe 19.10.2002)