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B wie "BIIIIIIIIIIITTÄÄÄÄÄÄÄÄ".

Ich! Will! Ein! Neues! Matchbox-Auto! Oskar Matzerath mit seiner Blechtrommel? Ein Friedensengerl. Der Ankauf eines Miniatur-Boliden war stets eine den gesamten Familienverband belastende Nervenprobe. Da mochte die Matchbox-Kiste noch so überquellen – es gab es kein Entrinnen. Besonders schluchz- und heulresistente Mütter waren leicht an ausgezerrten Rockzipfeln zu erkennen. Investitionsscheue Väter hatten sich mit temporärem Fernsehverbot ("Jetzt geh mir aber aus dem Bild. Wenigstens den Kurz-Sport will ich in Ruhe sehen".) abzufinden. Irgendwann rückten sie dann doch den "Matchbox-Zehner" raus. Jaja, in den Siebzigern war Weltfrieden noch um zehn Schilling zu haben. (siehe auch > G wie Göttin, K wie Kiste, Q wie Quengelei)

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C wie Crash.

Autocrash war nichts für Muttersöhnchen. Eine ausgeklügelte Taktik (Neuwägen blieben tabu, ältere Modelle oft nicht spurstabil) und eine ordentliche Portion Sado-Masochismus waren zur Durchführung dieses von Regeln befreiten Bewerbs notwendig. Es galt zwei Matchbox-Autos mittels Kollision eine möglichst spektakuläre Flugbahn aufzuzwingen. Dutzende Boliden fielen so der kontrollierten Verschrottung anheim. (siehe auch > B wie BIIIIIIIIITÄÄÄÄ, > G wie Göttin)

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D wie "Danke".

Matchbox-Autos waren eine solide Währung. Hosentaschen-kompatibel und wertbeständig waren sie die Stars bei diversen Schulhof-Tauschaktionen. Playmobil und Lego konnten einpacken. Gegen kapitalistische Emporkömmlinge wie Donkey-Kong und Casio-Schrittzähler waren die Kleinteiligen jedoch machtlos.

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E wie Euro (und deren 28.000)

Das teuerste Modell, eine Seagrave-Feuerwehr aus reinem Gold, wechselte jüngst für diese schmucke Summe den Besitzer.

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F wie Fire Chief.

Du weißt, dass du ein Matchbox geliebt hast, wenn du es nach 25 Jahren aus einer Kiste holst, dich wie damals bäuchlings auf den Boden legst und den Wagen dumm-blöd gaffend, nur wenige Zentimeter vor deinem betropetzten Gesicht, auf- und abfahren lässt.

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G wie Göttin.

Frau Reiter war eine Göttin. Sie ließ einmal, manchmal zweimal im Monat ein Wunder geschehen. Die Gute, die Gütige. Unvergessen, wie sie da stand, in ihrem braunen Arbeitsmantel, die Haare streng am Hinterkopf verknotet, die sehnigen Unterarme vor der mit Spitzen abgesteppten Knopfleiste verschränkt. Und ich ihr gegenüber. Mit einem schweißigen Zehner in der Hand. Der "Matchbox-Zehner" war die Eintrittskarte in ihr Refugium, eine kleine Spielwarenhandlung mitten im Ort. Jetzt ist ein "Eduscho" drin. (Siehe auch > B wie BIIIIIIIIITÄÄÄÄ)

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H wie Halli Galli

Schon mal einen unter die Achsen eines Matchbox-Autos verpflanzten Schweizer-Kracher zur Detonation gebracht? Nein? Nie? Sie hatten einen öde Kindheit. Schade.

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I wie Innovation

Auch Matchbox setzte in den Achtzigern der aufkommende PC-Boom zu. Mit einem Schippel an Neuentwicklungen versuchten die Autobauer gegenzusteuern. So kamen Boliden mit verformbarem Blech und Schaltgetriebe auf den Markt. Spektakuläre Abschussrampen und temperatursensitive Lackierung brachten Action in die Kinderzimmer. (siehe auch > D wie Danke)

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J wie Jubiläum.

Am Anfang, 1952, stand ein Modell der Krönungskutsche von Queen Elisabeth II.. Das opulente Miniatur-Gespann in einer bis dahin unerreichten Präzision wurde mehr als eine Million Mal verkauft. Dieser Erfolg bestärkte die künstlerischen Väter Leslie und Rodney Smith, die bis dahin beim Londoner Gussteile-Hersteller Lesney ein eher uninspiriertes Dasein führten. Doch es fehlte noch ein entscheidender Apercu auf dem Weg zum Millionen-Seller. (siehe auch > L wie Liebe)

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K wie Kiste.

Bevorzugte Matchbox-Garage. Das für Mütter undurchschaubare Chaos gehorchte einer archaischen Ordnung. Unten parkten "die Schlechten", oben, stets griffbereit "die Guten".

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L wie Liebe.

1952 schenkte Lesney-Mitarbeiter Jack Odell seiner Tochter eine kleine Dampfwalze, die in eine Streichholzschachtel (engl. Matchbox) passte. Am nächsten Tag, so will es die Legende, standen die Freunde seiner Tochter vor der Tür und ... beharkten Odell mit ihrem Wunsch nach weiteren Miniaturflitzern. Der lenkte ein und ging bei Lesney ans Werk. Die Marke Matchbox war geboren. (siehe auch > J wie Jubiläum, Y wie Y-Chromosom)

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M wie Megaseller.

Straßenwalze, Betonmischer und Doppeldeckerbus standen am Beginn. Bis heute warf Matchbox mehrere tausend Modelle auf den Markt. In über 100 Länder verkauften sich die Klassiker. In den 60er Jahren liefen pro Woche zwei Millionen kleine Rennwagen, Mähdrescher und Planierraupen vom Band. Die Firma Lesney gewann mehrere Exportpreise und wurde zum größten Auto-Hersteller der Welt.

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N wie Nachbehandlung.

Ein gekonnt platzierter Tropfen Nähmaschinen-Öl machte jedes Matchbox zum Renn-Dominator, eine gut sortierter Hobby-Raum so manchen Flitzer zum individualisierten Hingucker.

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O wie Osmose.

Egal wie viele Autos in der Sandkiste verschwanden: Die Matchbox-Sammlung wurde nicht kleiner. Immer wieder tauchten andere, neue auf. Die Sandkiste, eine einzige Wundertüte. Seltsam.

P wie Parkgarage.

Dieter hatte eine. Die Gute. Die Teure. Die mit Gewindeaufzug und Hubschrauberlandeplatz. Neid und Missgunst griffen um sich. Das Kinderzimmer wurde zum Labor gesellschaftlichen Klassenkampfs. Die Konsequenz: Ganze Heerscharen von Psychologen müssen sich nun mit dem Trauma der präadoleszenten "Leider-Nein-Parkgaragen-Besitzer" herumschlagen. (Dieter packte den Führerschein erst im zweiten Anlauf. Eine späte Genugtuung. Mehr nicht.)

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Q wie Quengelei

(siehe auch > BIIIIIIIIITÄÄÄÄ, > Göttin)

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R wie Relativität.

Ursprünglich plante Lesney nur 75 verschiedene Modelle pro Jahr auf den Markt zu bringen, durchnummeriert von 1-75. Schnell wurde jedoch klar, dass Fans und Sammler wesentlich mehr Bedarf an den kleinen Autos hatten. So wurden die Serien um diverse 11As und 25Bs erweitert.

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S wie Sex.

Matchbox-Fahrer brauchten keinen Sex. Völlig unnötig, das.

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T wie Tuchent-Landschaften.

Mit keinem anderen Werkstoff ließen sich derart phantastische Straßen-Szenarien kreieren, als mit einer hingeworfenen Bettdecke. Achtung: Daune ist gänzlich ungeeignet. Und: Direkt aus der Sandkiste eingeflogene Matchbox-Boliden führen zu lautstarkem Protest des Haushaltsvorstands.

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U wie Usurpator.

Rücksichtsloser Mensch ab 40 Kilogramm Lebendgewicht aufwärts. Zerstörte unter seinen ungeschlachten Plattfüßen Miniatur-Boliden im Dutzend. (siehe auch > X wie X-beinig)

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V wie Verfolgungsjagd.

Der Autobahnpolizei-Porsche hatte sie alle im Griff und den Verkehrsteppich voll unter Kontrolle.

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W wie Witz

Treffen sich drei Buben. Sagt der erste: "Mein Vater ist nur einen Meter groß." Der zweite: "Schwach. Meiner ist nur einen halben Meter groß." Darauf der dritte: "Das ist doch gar nichts: Mein Vater ist Testfahrer bei Matchbox."

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X wie X-beinig.

Achsbruch bedeutete das Ende einer Racer-Karriere. Die Boliden mit den nach außen gedrehten Rädern wanderten in weiterer Folge in der Kisten-Hierarchie unwiderruflich nach unten. Ein Ende als Sandkisten-Leiche schwebte fortan über den Aussortierten. (Siehe auch > U wie Usurpator)

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Y wie Y-Chromosom.

Mädchen sind männlich. Verdammt männlich. Vergessen Sie diverse Doppel-X-Binsenweisheiten. Mädchen tragen definitiv männliche Erbinformationen unter ihrem rosa Kleidchen. Woran man das erkennt? Zertrümmern Sie unter Zuhilfenahme eines 500-Gramm-Hammers das Lieblings-Matchbox ihrer Nachbarstochter. Was passiert? A. Das Mädchen schluchzt und zieht sich mit seiner Puppe zurück. B. Das Mädchen heult laut auf und detoniert Ihr Fahrrad in einen Bach.

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Z wie "Zuerst machst du deine Hausaufgaben."

(Text & Bild: kommunikaze / Kamera-Assi: popolymp)

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Matchbox

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