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Foto: Reuters/Bader
Natürlich kann man sich etwas wünschen. Bloß: Völlig realitätsferne Wünsche haben in der Politik wenig verloren. Und nirgendwo anders als im Kapitel Wunschtraum sind die Aussagen der ÖVP einzuordnen, dass sie zwar schon gern die Koalition mit der FPÖ fortsetzen würde - aber nicht mit einer Haider-FP und nicht mit einer Knittelfelder-FP. Dieser Wunsch ist zwar verständlich, hat doch die explosive Mischung aus Haider und Knittelfeld ein Weiterregieren mit der FPÖ unmöglich gemacht. Deshalb ist der Wunsch aber nicht realistisch: Erstens ist eine FPÖ ohne Haider nicht am Horizont zu erkennen - unabhängig davon, ob er gerade schon weg oder wieder da ist, haben seine Zwischenrufe nach wie vor Gewicht. Genauso wenig existiert eine FPÖ ohne Knittelfeld. Im Gegenteil: Ein Unterschrift unter das Knittelfelder Manifest ist fast eine Garantie auf einen sicheren Listenplatz. Aus der Steiermark drängen die Rebellen Magda Bleckmann und Mares Rossmann nach Wien, aus Niederösterreich Barbara Rosenkranz, in Wien rangieren fünf Putschisten auf den vorderen acht Listenplätzen, Thomas Prinzhorn als neuer Parteivize nicht zu vergessen. Neben den Personen zählen die Positionen, die sich wie aus dem Knittelfelder Papier lesen: lautstarke Skepsis gegenüber den Abfangjägern und der EU-Osterweiterung, das Beharren auf einer prompten Steuerreform mit Entlastungen für den so genannten "kleinen Mann". Knittelfeld ist überall, da helfen auch noch so viele fromme Wünsche der ÖVP nicht. Sich einen Koalitionspartner FPÖ ohne den Einfluss von Haider und Knittelfeld zurechtzuträumen ist von der ÖVP ungefähr so realitätsnah, wie sich einen Koalitionspartner SPÖ ohne den Einfluss der Gewerkschaften zu wünschen. Gerade die Politik ist ein Metier, in der das Wünschen selten etwas geholfen hat. (DER STANDARD, Printausgabe, 16.10.2002)