Rom - Der teilstaatliche italienische Maschinenbau-, Luft- und Raumfahrtkonzern Finmeccanica ist der Rettungsanker, der Fiat aus der dramatischsten Krise seiner Geschichte helfen könnte. Laut einem Projekt, von dem italienische Medien am Dienstag ausführlich berichten, könnte die börsenotierte Industrieholding mit dem US-amerikanischen Fiat-Partner General Motors (GM) und den Gläubigerbanken einer neuen Gesellschaft beitreten, die die Autosparte der Krisen geschüttelten italienischen Autogruppe übernehmen könnte. Der Einsatz der börsenotierten Finmeccanica, die noch zu 32 Prozent unter Kontrolle des römischen Schatzministeriums steht, könnte die Bedenken der EU über einen direkten Einsatz des italienischen Staates zur Fiat-Rettung umgehen, weil der Einstieg der Industrieholding in die neue Gesellschaft mit GM und den Banken als Markoperation bewertet werden könnte. Finmeccanica gehört mit einem Jahresumsatz von mehr als 6 Mrd. Euro neben EADS und der britischen BAE Systems zu den führenden europäischen Herstellern von Rüstungsgütern. CEO des Konzerns ist der ehemalige Geschäftsführer der Fiat Auto, Roberto Testore, der vor einigen Monaten nach der Verschärfung der Krise bei dem Pkw-Konzern zum Rücktritt gezwungen worden war. Die Regierung reagierte am Dienstag verärgert über die Medienindiskretionen über einen aktiven Finmeccanica-Einsatz zur Rettung von Fiat. Die Mediengerüchte seien vollkommen unbegründet, hieß es aus dem Schatzministerium. Doch Experten sind fest davon überzeugt, dass dieser Weg der einzige sei, um ein EU-Veto gegen eine Regierungsaktion für Fiat-Rettung zu vermeiden. Gipfel-Treffen In Rom fiebert man dem am Donnerstag geplanten Treffen zwischen Fiat-Präsidenten Paolo Fresco, der Regierung und den Gewerkschaften entgegen. Die Regierung will Fiat überzeugen, den Umstrukturierungsplan zu revidieren, der die Kürzung von 8.100 Arbeitsplätzen vorsieht. Die Gewerkschaften drohten am Dienstag mit einem Boykott der Verhandlungen, sollte sich der Autokonzern nicht zu einer Revision des Umstrukturierungsplans bereit erklären. In Italien mehren sich inzwischen die Demonstrationen und Proteste der Arbeitnehmer gegen die Entlassungswelle. Am Donnerstag will die Belegschaft der von der Sperrung bedrohten Fiat-Werken von Termini Imerese (Palermo) und Arese (Mailand) vor dem römischen Regierungssitz demonstrieren. Wirtschaftliche Effekte Inzwischen wächst die Sorge für die wirtschaftlichen Effekte der Fiat-Krise auf die ohnehin flaue ökonomische Lage in Italien. Allein im vierten Quartal 2002 werden die Schwierigkeiten von Italiens größter Privatgruppe bewirken, dass das BIP um 0,1 Prozent weniger wachsen werde. Besorgt zeigte sich Arbeitsminister Roberto Maroni, der im Rahmen des Haushaltsgesetzes 2003 die Geldmittel auftreiben muss, um die sozialen Maßnahmen zur Unterstützung der dienstfrei gestellten Fiat-Arbeitnehmer zu finanzieren.(APA)