Frankreich und Deutschland wollen die Kritierien "wachstumsorientiert einhalten" - Differenzen in der Frage der Agrar-Hilfen
Redaktion
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Schröder und Chirac: handhaben - TM
Paris - Deutschland und Frankreich haben sich für
eine flexible Handhabung der Kriterien des EU-Stabilitätspakt
ausgesprochen. Nach einem informellen Treffen am Montagabend mit
Frankreichs Präsident Jacques Chirac sagte Bundeskanzler Gerhard
Schröder, man wolle den Stabilitätspakt beibehalten und einhalten.
"Aber wir werden ihn wachstumsorientiert einhalten." Schröder zeigte
sich zudem zuversichtlich, dass bis zum EU-Erweiterungsgipfel in
Kopenhagen eine gemeinsame Haltung zu den Agrarsubventionen gefunden
werde. Zugleich bahnte sich wegen Äußerungen eines Beraters des
französischen Ministerpräsidenten Jean-Pierre Raffarin über die
Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) am Dienstag neuer
Streit zwischen Frankreich und der EZB an.
Schröder sagte, Stabilität dürfe nicht rein formal betrachtet
werden, sondern müsse sich auch auf die politische Dimension des
Wachstums beziehen. "Deutschland und Frankreich sind entschlossen,
den Stabilitätspakt dem Buchstaben und dem Geiste nach zu
respektieren", sagte Chirac.
Beim Treffen der Finanzminister der Eurogruppe vor gut einer
Woche hatten die Minister mit Ausnahme Frankreichs der Absicht der
EU-Kommission zugestimmt, von Ländern ohne ausgeglichenen Haushalt
einen jährlichen Abbau ihres strukturellen Defizits ab dem kommenden
Jahr um mindestens 0,5 Prozentpunkte des Bruttoinlandsprodukts (BIP)
zu verlangen. Aus dem strukturellen Defizit werden
Konjunktureinflüsse herausgerechnet. Laut EU-Stabilitätspakt soll das
Haushaltsdefizit der EU-Länder die Obergrenze von drei Prozent des
BIP nicht überschreiten.
Das Ausscheren Frankreichs bei der Finanzministerkonferenz war
vom französischen Mitglied des EZB-Rates, Jean-Claude Trichet,
deutlich kritisiert worden. Trichet rief Frankreich auf, sein in
diesem Jahr auf 2,6 Prozent geschätztes Defizit abzubauen und bis
2006 einen Haushaltsüberschuss vorzulegen.
Barrot: "Intelligente" Handhabung
Der Fraktionschef der konservativen französischen
Regierungspartei UMP, Jacques Barrot, kritisierte am Dienstag
seinerseits die Zinspolitik der EZB. "Frankreich muss seine Partner
zunächst einmal davon überzeugen, dass wir uns nicht mit einer EZB
zufrieden geben können, die vom hohen Ross herab uns Politikern sagt:
'Wir wollen mal etwas Sparpolitik sehen, während wir die Zinssätze
unverändert lassen statt sie zu senken'", sagte Barrot dem
Fernsehsender LCI. Der Stabilitätspakt müsse "intelligent" gehandhabt
werden, fügte Barrot hinzu. Die EZB liege falsch, wenn sie in einem
schwierigen wirtschaftspolitischen Umfeld auf Schuldenabbau und
Senkung des Staatsdefizits dringe.
Barrot gilt als langjähriger Weggefährte und enger Berater
Raffarins. Die französische Regierung steckt derzeit in einem
Dilemma: Sie will, wie im Wahlkampf von Präsident Chirac versprochen,
den Wehretat erhöhen und die Einkommensteuer senken. Zugleich wird
sie durch die Vorgaben des Stabilitätspakts jedoch zum Sparen
gezwungen.
Chirac kündigte an, er und Schröder würden sich zu bilateralen
Gesprächen noch vor Beginn des EU-Gipfels am 24. Oktober in Brüssel
treffen. Alle Anstrengungen richteten sich darauf, eine gemeinsame
Position zu den Agrar-Hilfen vor den Gipfeltreffen in Brüssel und
Kopenhagen zu finden. Deutschland bevorzugt eine Reduzierung der
Hilfen, Frankreich lehnt dies ab und die EU-Kommission will die
Subventionen auf neue Beitrittskandidaten ausweiten. (APA/Reuters)
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