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Soziales Engagement soll mit Steuererleichterungen belohnt werden, wünscht sich Reinhard Jesionek. Und dass Freiberufler immer nur "bestraft" werde, gefällt ihm nicht

Foto: Reuters/Prammer
Wie eine "Fahnenstange im Sturm" fühlt sich Reinhard Jesionek, Spitzenkandidat des Liberalen Forums, das derzeit Unterschriften sammelt, um zur Wahl antreten zu können. Jesionek will bei Freiberuflern und Jungen punkten. Mit ihm sprach Martina Salomon.
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STANDARD: Haben Sie Ihre Kandidatur schon bereut? Jesionek: Im Prinzip passiert genau das Erwartete. Es ist mühsam, dass einen ausgerechnet jene Journalisten ins Eck stellen, die gar nicht mit einem reden. STANDARD: Versuchen die politischen Parteien ebenfalls, Sie klein zu machen? Jesionek: Das glaube ich nicht. Außer der SPÖ nimmt uns noch niemand so richtig ernst, was ich im Moment sogar als Vorteil empfinde. Bei den Unterstützungserklärungen wird es uns derzeit aber seitens der Magistrate schwer gemacht. So liegen oft gar keine Unterstützungserklärungen auf. STANDARD: Wo sind Sie im politischen Spektrum einzuordnen? Sie haben kürzlich (nach der Häupl-Rede beim SP-Wahlkampfauftakt) ja sogar für die ÖVP Partei ergriffen ("beängstigender Ton"). Jesionek: "Partei ergriffen" ist zu viel. Persönlich finde ich, dass ein konservatives Element grundsätzlich etwas Gutes ist. Ich bin aber mit einigen Personen in der ÖVP nicht einverstanden - Schüssel und Khol sind für mich keine unterstützenswerte Menschen. Natürlich möchten wir auch im Wählerteich der Volkspartei fischen. Ich persönlich bin klassischer freiberuflicher Nettozahler, andererseits sozial eingestellt und befinde mich selbst in der Mitte. STANDARD: Das LiF galt aber immer eher als linksliberal Jesionek: Mit dem neuen Programm sind wir wirklich total in der Mitte. Wir denken zum Beispiel den Wirtschaftsaspekt sehr neuzeitlich, also: Die Wirtschaft muss für den Menschen da sein, nicht umgekehrt. Es geht nicht nur um Gewinnmaximierung. Mit der Haselsteiner-Schmidt-Linie hat das nicht mehr viel zu tun. STANDARD: Was ist noch neu? Jesionek: Wir möchten Menschen, die sich sozial engagieren, steuerlich entlasten, außerdem wollen wir steuerliche Absetzbarkeit von Spenden. STANDARD: Und die vom LiF bekämpften Werkverträge? Jesionek: Das ist jetzt gerade nicht aktuell. Tatsache ist aber, dass ein Mensch, der freiberuflich arbeitet, ausschließlich dafür bestraft wird: mit ständigen Vorauszahlungen, doppelt- und dreifachen Sozialversicherungen, die er gar nicht will. Dagegen sind wir natürlich weiter. STANDARD: Was kriegt Ihr Wähler, wenn Sie im Parlament sitzen? Jesionek: Neuzeitliche Gedanken. Junge Menschen interessieren sich ja auch deshalb nicht für die Politik, weil sie einfach keine Vertretung sehen. Ich möchte zum Beispiel SPÖ und ÖVP zwingen, dass sie erklären, wie ein 30- oder 40-Jähriger noch einen Teil seiner Pension bekommt, die er heute einzahlen muss. Gewisse Sachen müssen ehrlich diskutiert werden. STANDARD: Was haben Sie zuletzt beruflich gemacht? Jesionek: Ich bin aus dem ORF ausgestiegen, habe eine Werbeagentur gegründet, den Pilotenschein gemacht und wollte mich eigentlich neu orientieren. Für mein jetziges Engagement verdiene ich übrigens keinen Groschen. STANDARD: Wovon leben Sie? Jesionek: Von Ersparnissen. STANDARD: Sollten Sie ins Parlament kommen, müssen Sie vielleicht Ihren Vater (Jugendgerichtshofpräsident Jesionek) kritisieren, wenn ihn die SPÖ zum Justizminister macht. Jesionek: Das wäre ja schon der neue Weg, den ich verkörpern will: Dass man zwar anderer Meinung ist, aber miteinander redet. Derzeit wandle ich wie eine Fahnenstange im Sturm - interessanterweise, ohne geknickt zu werden. STANDARD: Ihnen wurde vorgeworfen, nur den Spaßfaktor in die Politik bringen zu wollen. Jesionek: Man wirft mir vor, dass ich authentisch in der Jugendszene unterwegs bin. Offenbar ist es klass, zum Bieranstich zu gehen, während ein Clubbing verrucht ist. Fix noch einmal, warum muss ich jetzt plötzlich Polka tanzen? (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.10.2002)