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Seit Wochen schon feiert sich "News", tatsächlich wird es am 15. Oktober zehn Jahre alt. Gründer Wolfgang und Helmuth Fellner krempelten damit den österreichischen Zeitschriftenmarkt um. Manches in der Fellnerschen Geschichtsschreibung entspricht freilich nicht ganz der Realität.

"Nachrichtenmagazin"

"Österreichs größtes Nachrichtenmagazin" nennt sich "News". Nun mag sich das Bild eines Nachrichtenmagazins auch international so gewandelt haben, dass Farbe, Grafiken, Kurzmeldungen statt Bleiwüste und grauer Briefmarkenbilder selbst den hier eher beharrlichen "Spiegel" längst eingeholt haben. Für Nachrichtenmagazine sind freilich Prominentenrankings eher ungewöhnlich, ebenso Societystrecken in dieser Länge und dieser Form. Info-Illustrierte, wie die APA es nennt, beschreibt "News" klarer.

Journalismus...

Herausgeber Wolfgang Fellner nennt "Time" und dessen Verlagsgruppe gerne als Vorbild. Das US-Nachrichtenmagazin hat freilich noch selten Flugkilometer verlost und geizt auch mit Handygewinnspielen. Noch unwahrscheinlicher ist nur, dass "Time" zu einem Reisegewinnspiel mit Fluglinie X den Chef derselben zum Coverstar erhebt. Niki Lauda kam in den ersten Nummern von "News" schon zu diesen Ehren.

Fellner räumt heute ein, dass im Marketing ein "Teil des Anfangserfolges" lag. Das Skoda-Gewinnspiel zum "News"-Jubiläums (nebst Gutscheinen für Schwestertitel und ein paar anderen Aktionen im selben Heft) lässt sich nur noch schwer als Starthilfe für "News" deklarieren.

...und Marketing

"News" ist tatsächlich auch ein journalistischer Erfolg, das Magazin liefert auch abseits des Textilen Enthüllungen. Mit Journalismus alleine aber wäre das Magazin so weit nicht gekommen. Die "News"-Chronik tut, als wären alle großen Geschichten des Landes zuerst im eigenen Heft gestanden. Auch das fällt unter den Begriff Marketing.

Exklusiv ist exklusiv

Führte "News" ein internes Ranking über die in zehn Jahren am häufigsten verwendeten Wörter, stünde eines mit großer Wahrscheinlichkeit an erster Stelle – "exklusiv". Der Duden erklärt dieses Wort mit "anderen nicht zukommend", etwa einer Zeitung. Wenn aber so manche Story Tage nach der Veröffentlichung in Zeitungen, Radio, Fernsehen oder Nachrichtenagentur noch immer exklusiv ist, kann sich das nur auf das erste Erscheinen in "News" oder einem Schwestermagazin beziehen.

Name bedeutet Autor

Hartnäckig hielt sich die Geschichte von der Lieblingskombination Wolfgang Fellners auf der Apple-Tastatur: Apfel und A nämlich, um ganze Geschichten zu löschen und neu zu schreiben. Fellner hat die Tastenstory dementiert. In einer der Jubiläumsnummern lautet ein Bildtext: „Heinz Sichrovsky mit Herausgeber Wolfgang Fellner bei der legendären Endredaktion der "News"-Stories“.

Bilder zeigen Wahrheit

Wolfgang Fellner ist nach eigener Definition im Lande „der Einzige, der mit den Medium Foto umgehen kann“. Mit lange Zeit nicht gekennzeichneten Fotomontagen prägte "News" einen neuen Umgang mit fotografischer Wirklichkeit. Wer sich derlei ersparen will, posiert am besten gleich selbst. Die Grenzen verschwimmen weiter. Spielte ein Finanzminister tatsächlich fürs Cover James Bond?

Aussage ist Aussage

Auch im Wort trug sich nicht alles so zu, wie es in "News" & Co. den Eindruck erweckt. "Woman" verdrehte etwa die Aussagen von ORF-Journalistin Birgit Fenderl über ihre Lieblingsseiten im Internet völlig. Auf dem anderen Ende der Skala: "News" titelt nach dem Krebstod des TV-Journalisten mit „Hochners Vermächtnis“. Zwei Tage zuvor erschien ein ausführliches Gespräch mit Robert Hochner im "Falter". Dort erklärte er ausdrücklich, warum er "News" das Interview nicht geben wollte.

Bezahlt ist bezahlt

Auch in der unternehmerischen Bewertung könnte es zu Missverständnissen kommen. Spezialität von Helmuth Fellner, vor wenigen Wochen aus der Geschäftsführung verabschiedet, sind Gegengeschäfte. Nicht jedes Inserat etwa, das in "News" erscheint, muss auch bezahlt sein. Es könnte zum Beispiel Gegenleistung für Abogeschenke sein – was das interne Rechnungswesen nicht unbedingt übersichtlicher macht. Es könnte etwa auch Teil eines der beliebten Inseratenpakete sein, nach dem Motto: Zahle fünf, bekomme acht Seiten.

Bevor Schwarz-Blau TV-Spots von Verlagen im ORF stark einschränkte, auf dass der Printwettbewerb nicht weiter verzerrt werde, blühte vor allem der Tauschhandel zwischen ORF und "tv-media".

Europäische Größe

A propos Wettbewerb: Als sich die Verlagsgruppe News auch "profil" und "trend" einverleibte und dafür Mediaprintpartner "Kurier" beteiligte, galt es auch vor dem Kartellgericht rechnerisch fünfe gerade sein zu lassen. Es gelang das Kunststück, den Anzeigenmarktanteil von 60 auf 17 kleinzurechnen, etwa indem man konkurrierende Verlagsgruppen einfach erfand. Wie man es anstellt, dass ein Gericht der Argumentation auch folgt, ist nicht überliefert.

Gewagt auch ein Argument für die Fusion: Der Verlag brauche unter den europäischen Medienriesen relevante Größe. Dafür hatte der Bertelsmann-Konzern, dessen Tochter Gruner + Jahr die Mehrheit an der News-Gruppe gehört, "profil", "trend", "Autorevue" und "Bühne" gewiss nicht nötig.

Der Grad der Medienkonzentration übersteigt seither jegliches europäische Niveau: Alle wochenaktuellen, politisch relevanten Magazine in einem Konzern nebst unzähligen, meist marktführenden Spezialtiteln. Und unter den Gesellschaftern einen Verlag, der zugleich maßgeblich an der den Zeitungsmarkt dominierenden Mediaprint beteiligt ist.

Fellner ist Fellner

Kurz bevor Justizminister Dieter Böhmdorfer (FP) doch von einem Rekurs gegen die Elefantenhochzeit der Magazingruppen um "News" und "profil" absah, beobachtete ein APA-Redakteur Wolfgang Fellner bei einer Besprechung mit Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer und FP-Klubchef Peter Westenthaler. Riess-Passers Büro bestätigte zunächst, Fellner und Westenthaler dementierten. Offenbar sei ein Klon von ihm unterwegs, meinte der Herausgeber damals. (Harald Fidler/DER STANDARD, Printausgabe, 15.10.2002)