Bagdad - Im Irak wurde am Dienstag die
verfassungsmäßige Volksabstimmung über eine weitere Amtszeit von
Präsident Saddam Hussein durchgeführt. Die Wahl des irakischen
Präsidenten erfolgt - wie in Syrien und Ägypten - in Form eines
Referendums über den vom Parlament vorgeschlagenen Kandidaten.
Gegenkandidaturen sind nicht möglich. Das Parlament hatte die
Kandidatur des seit 1979 amtierenden Staatschefs für ein weiteres
siebenjähriges Mandat im August einstimmig angenommen. Saddam Hussein
war zuletzt 1995 in einer Volksabstimmung mit 99,96 Prozent der
Stimmen im Amt bestätigt worden.
Ungewöhnliche Wahlwerbung
Für Werbung in eigener Sache hatte Saddam Hussein am Wahltag das Telefon als Werbemittel eingesetzt.
Statt des erwarteten Freizeichens schallte den Irakern
beim Abheben ihres Telefonhörers eine Tonbandstimme mit den beiden
Slogans der Wahlkampagne entgegen. Diese lauteten: "Ja, ja, Saddam!"
und "Alle Iraker singen: 'Saddam ist der Stolz meines Landes!'".
Wahlrecht für Kurden erweitert
Die Wahllokale öffneten um 09.00 Uhr und sollten um 18.00 Uhr
schließen. Stimmberechtigt sind Bürger, die das 18. Lebensjahr
vollendet und den Militärdienst geleistet haben. Für das Plebiszit
wurde das Wahlrecht für die irakischen Kurden erweitert. Die Kurden
dürfen künftig in jedem beliebigen Wahlbezirk abstimmen. Einige der
mehr als 1.000 Wahllokale waren schon am Morgen überfüllt.
"Verrückte" US-Pläne
Vizepräsident Taha Yassin Ramadan verurteilte auf einer Kundgebung
in Bagdad am Montagabend die Pläne der USA, nach einer Militäraktion
eine ihnen genehme Regierung im Irak einzusetzen. Dieses Vorhaben
zeige, dass die Regierung von US-Präsident George W. Bush eine
"verrückte und böse Regierung" sei. Um möglichst viele Iraker zu den
Wahllokalen zu bringen, setzte die regierende Baath-Partei in Bagdad
Busse ein, die mit Lobsprüchen für den "Führer" dekoriert waren.
Kein Staatsoberhaupt auf Lebenszeit
Saddam Hussein ist gleichzeitig Staats- und Regierungschef,
Vorsitzender des Revolutionären Kommandorates, des höchsten
Entscheidungsgremiums, Generalsekretär des irakischen Zweiges der
panarabischen Sozialistischen Baath-Partei sowie Oberkommandierender
der irakischen Armee. Frühere Initiativen des Parlaments, ihn zum
Staatsoberhaupt auf Lebenszeit zu machen, hatte Saddam Hussein stets
abgelehnt.
Der Irak ist seit dem Sturz der Haschemiten-Dynastie im Jahr 1958
Republik. Die Baath-Partei ist seit 1968 an der Macht. 1979 trat
Saddam Hussein die Nachfolge von Präsident General Ahmed Hassan el
Bakr an. Neben der Baath-Partei sind mehrere kleinere Parteien
zugelassen, die mit der Baath-Partei in der "Nationalen
Fortschrittlichen Front" zusammengeschlossen sind.
Rückgrat Baath-Partei
Rückgrat des Saddam-Regimes ist die panarabisch-nationalistische
Baath-Partei (Partei der Arabischen Wiedergeburt). Gegründet wurde
die laizistisch ausgerichtete Bewegung im Jahr 1947 von dem syrischen
Christen Michel Aflak. In den fünfziger Jahren stand sie in scharfer
Opposition zu Ägyptens damaligem Staatschef Gamal Abdel Nasser. Mit
Hilfe der Streitkräfte kam ihr syrischer Zweig 1963 in Damaskus, der
irakische 1968 in Bagdad an die Macht. (APA)