Islamabad - Internationale Wahlbeobachter haben scharfe Kritik am Verlauf der Parlamentswahl in Pakistan erhoben. Bereits vor der Abstimmung sei es zu schwer wiegenden Mängeln gekommen, sagte am Wochenende der Chefbeobachter der Europäischen Union, John Cushnahan. Die Regierung in Islamabad stand nach dem Erfolg islamischer Parteien bei der Wahl vom Donnerstag vor schwierigen Koalitionsverhandlungen. Die Regierung habe bereits im Voraus Maßnahmen zur Schwächung des künftigen Parlaments ergriffen und regierungstreue Kandidaten bevorzugt, sagte Cushnahan. In einigen Bezirken sei Wählern die Stimmabgabe verweigert worden. Cushnahan sprach von einer "unerlaubten Einmischung in den Demokratieprozess". Präsident Pervez Musharraf hatte unter anderem die im Exil lebenden ehemaligen Regierungschefs Benazir Bhutto und Nawaz Sharif von der Kandidatur ausgeschlossen. Mehrheit verfehlt Nach Auszählung fast aller Stimmen lag die mit Musharraf verbündete Partei Qaid-e-Azam zwar mit 78 der 272 Sitze in Führung, verfehlte die Mehrheit jedoch deutlich. Die Parteien haben bis zum 1. November Zeit für Koalitionsverhandlungen. An diesem Tag soll der neue Ministerpräsident vereidigt werden. Zweitstärkste Kraft hinter Qaid-e-Azam, einer Splittergruppe der Muslimischen Liga, wurde mit 62 Sitzen die Pakistanische Volkspartei der ehemaligen Ministerpräsidentin Bhutto. Die religiöse Allianz Vereinigte Aktionsfront aus sechs islamischen Parteien folgte mit 45 Mandaten. Sharifs Moslemische Liga gewann 14 Sitze, die übrigen gingen an unabhängige Kandidaten. Besonders erfolgreich schnitten die islamischen Parteien bei der gleichzeitig am Donnerstag stattfindenden Wahl der Provinzparlamente ab. Im Bezirk Nordwest nahe der afghanischen Grenze holte das Bündnis nach Angaben der Behörden mit 50 Mandaten die Mehrheit der 99 Sitze. Damit wird es erstmals in der Geschichte Pakistans eine islamistische Provinzregierung geben. Auch in der Grenzprovinz Belutschistan erreichte die Allianz knapp die Mehrheit und wird dort vermutlich eine Koalitionsregierung führen. Die Aktionsfront feierte am Samstag ihren Sieg und kündigte die strikte Durchsetzung des islamischen Rechts an. "Wir werden eine islamische Revolution nach Pakistan bringen", sagte der stellvertretende Vorsitzende der Allianz, Qazi Hussain Ahmed, vor rund 3.000 Anhängern in Nowshehra bei Peshawar. Langfristiges Ziel sei die Einführung der Scharia in ganz Pakistan. Der Präsident sicherte sich seine eigene Macht bereits im Voraus: Er kann das Parlament auflösen und den Regierungschef entlassen. Gewählt wurden die Mitglieder beider Kammern der Nationalversammlung, von vier regionalen Parlamenten sowie der nächste Ministerpräsident. Wahlberechtigt waren rund 72 Millionen Bürger. Es war die erste Parlamentswahl seit dem Putsch von Musharraf im Oktober 1999. (APA/AP)