Graz - Gemeinsam mit Wissenschaftern
der University of California, Santa Barbara, USA, untersucht das Institut für Metallphysik der
Leobener Montanuniversität
kannibalische Würmer, deren Kupfereinlagerungen in den Zähnen
metallurgisch von hohem Interesse sind. Das angesehene
Wissenschaftsmagazin "Science" publizierte nun die Ergebnisse über
die Erforschung des einzigartigen biologisch geformten
Kupferminerals.
Interessante Zähne
Nicht das aggressive, räuberische Verhalten der Meereswürmer
(Glycera dibranchiata), sondern die noch viel überraschendere
mineralische Zusammensetzung der Zähne dieser Lebewesen von der Größe
eines Regenswurms stand im Mittelpunkt der Studien unter Beteiligung
der Montanuni. In der eben erschienenen Oktober- Ausgabe des
Wissenschaftsmagazins "Science" werden die Ergebnisse des
interdisziplinären Forschungsprojektes unter dem Titel "High Abrasion
Resistance with Sparse Mineralization: Copper Biomineral in Worm
Jaws" publiziert.
In den 1,5 Millimeter großen Zähnen des Wurmes
fanden sich Einlagerungen von Kupfer, teilweise in Form eines sehr
seltenen Minerals. Ein wichtiger Teil des Projekts war zu zeigen, wie
die Kupfereinlagerungen die Materialeigenschaften der Zähne deutlich
verbessern.
Das Projekt
Das Projekt ist seit Ende 2001 eine Zusammenarbeit von zwei
Instituten der University of California und des Institutes für
Metallphysik der Montanuni Leoben. Die Initiative der
wissenschaftlichen Kooperation ging von Helga Lichtenegger aus, einer
ehemaligen Doktoratsstudentin bei Professor Peter Fratzl an der
Montanuni, die nun Mitarbeiterin des Chemie- und Biochemie-Institutes
der University of California ist. Zumal das Leobener Institut für
Metallphysik eines der wenigen wissenschaftlichen Einrichtungen mit
einem nano-mechanischen Labor ist, richtete Lichtenegger einen
"Hilferuf" nach Leoben. Dort führte Thomas Schöberl die mechanischen
Untersuchungen durch und bewies die Rolle der Kupfereinlagerungen für
die außergewöhnlichen Eigenschaften der Zähne.
"Wir wären froh, wenn wir ein
derartiges Material künstlich herstellen könnten"
Das Kupfer in den vier Zähnen des Glycera dibranchiata sorgt
gleichzeitig für Elastizität und Härte mit dem Vorteil, dass sie
nicht so spröde wie menschliche Zähne sind und dabei eine hohe
Verschleißfestigkeit aufweisen. "Wir wären froh, wenn wir ein
derartiges Material künstlich herstellen könnten", so Schöberl. Das
sei allerdings ein langfristiges Unterfangen, kurz- bis mittelfristig
könne man aber quasi biomimetisch von der Raffinesse des
architektonischen Aufbaus des Minerals lernen.
Erste Hinweise auf Kupfereinlagerungen bei den im Nordatlantik
auftretenden Würmern, die etwas größer als Regenwürmer sind, gehen
auf das Jahr 1980 zurück. Damals vermutete man allerdings noch, eine
Folge der globalen Meeresverschmutzung gefunden zu haben. Die
Forschungsergebnisse des Wissenschaftlerteams aus Kalifornien und
Leoben belegen jedoch, dass das Kupfer im Zahnmaterial zum
biologischen Bauplan gehört, völlig unabhängig vom Metallgehalt des
Meerwassers.
Natürliche Baustoffe im Blickpunkt
Das Leobener Institut für Metallphysik, das gleichzeitig als
Institut für Materialwissenschaft der Akademie der Wissenschaften
geführt wird, beschäftigt sich eingehend mit biologischen Materialien
als "Vorbilder" für Werkstoffe. Aktuelle Forschungen gelten den
mechanischen Eigenschaften von menschlichen Knochen und Holz. (APA)