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foto: apa/leonhardt
München/Berlin/Düsseldorf - Mehrere 1.000 Siemens-Mitarbeiter haben am Freitag in deutschen Großstädten gegen den drastischen Stellenabbau bei Deutschlands größtem Elektrokonzern demonstriert. "Der jetzige Kurs ist schädlich für die Beschäftigten und für das Unternehmen", erklärte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Ralf Heckmann am Freitag in München. Die Beschäftigten hätten Alternativvorschläge vorgelegt, die Arbeitsplätze sichern könnten und sich für das Unternehmen rechneten. Vor der Konzernzentrale des Konzerns protestierten laut Gewerkschaftsangaben etwa 2000 Mitarbeiter. In Düsseldorf versammelten sich etwa 1500 und in Berlin rund 1000 Beschäftigte. Der Siemens-Vorstand wies die Kritik von Beschäftigten und IG Metall zurück. Siemens hatte seit Frühjahr 2001 schrittweise den Abbau von weltweit rund 35.000 Arbeitsplätzen angekündigt. "Wenn sich der reiche, faktisch schuldenfreie Siemens-Konzern ein solches Vorgehen leisten kann, ist es um die soziale Qualität des Standorts Deutschland nicht gut bestellt", sagte der stellvertretende IG Metall-Chef Bertin Eichler, der im Siemens-Aufsichtsrat sitzt. Der Konzern habe sich dem Diktat der Börse und der Analysten gebeugt. Der drastische Stellenabbau könne sich eines Tages rächen, sagte Eichler: "Wenn Siemens die Netzwerksparte ICN runterfährt und die Abwärtsspirale weiter geht, gerät der Konzern in Gefahr, beim nächsten Telekom-Aufschwung nicht mehr mitzuspielen." In Düsseldorf rief der IG-Metall Bezirksleiter in Nordrhein-Westfalen, Peter Gasse, den Vorstand auf, an den Verhandlungstisch zurückzukehren und seiner sozialen Verantwortung gerecht zu werden. "Unser Protest wird nicht ohne Wirkung bleiben". In Berlin sagte Gesamtbetriebsratschef Gerd Nassauer, derzeit herrsche "Eiszeit zwischen Gesamtbetriebsrat und Siemens-Management". In München übergaben die Demonstranten ein Protestschreiben mit mehr als 15 000 Unterschriften. Die Führung konnte dies aber nicht persönlich entgegen nehmen, da zeitgleich in Erlangen eine Vorstandssitzung stattfand. Betriebs- und Aufsichtsrätin Birgit Grube warf dem Vorstand vor, angesichts der Proteste nach Franken geflohen zu sein. In einer Erklärung warf der Siemens-Vorstand insbesondere der IG Metall vor, unbegründete Ängste zu schüren. Von einem Kahlschlag könne keine Rede sein. Der Konzern bemühe sich bei den geplanten Kürzungen um sozialverträgliche Lösungen. Mehr als die Hälfte der 35.000 Stellenstreichungen sei bereits umgesetzt. Derzeit diskutiere man mit Arbeitnehmervertretern, wie die Streichung von 3000 Stellen in der Netzwerksparte ICN und bei den Industriellen Dienstleistungen in Deutschland am besten umgesetzt werden könne. Siemens-Mitarbeiteraktionäre forderten wegen des drastischen Stellenabbaus in der Telekommunikationssparte erneut den Rücktritt des zuständigen Vorstandsmitglieds Volker Jung. Die Mitarbeiter seien "Opfer einer bis noch vor kurzem propagierten Wachstumsstrategie und schwerer Managementfehler", erklärte der Verein "Unsere Aktien". Siemens betreibe Kurspflege auf Kosten der Mitarbeiter. Der Netzwerksparte ICN, bei der besonders viele Stellen gestrichen werden sollen, müsse die Zeit gegeben werden, ihre strukturellen und konjunkturellen Absatzprobleme unter Berücksichtigung der Mitarbeiter-Interessen zu lösen. (APA/dpa)