Literatur
"Wirklich super ... ein Lieblingsautor"
Spontane Reaktionen in Österreich von Robert Menasse, Gerhard Roth, Josef Haslinger und Elfriede Jelinek
Wien -
In einer Blitzumfrage holte die Austria Presse Agentur Kommentare einiger
österreichischer Autoren zur Zuerkennung des
Literatur-Nobelpreises an Imre Kertesz ein. Robert Menasse, Gerhard
Roth, Josef Haslinger und Elfriede Jelinek zeigten sich einstimmig
begeistert und freuten sich für den frisch gekürten Preisträger. Robert Menasse meinte: "Das ist wirklich super, denn er ist einer
meiner Lieblingsautoren. Ich bin wirklich begeistert und gratuliere
ihm von Herzen. Ich bin verblüfft, dass endlich einmal eine
Entscheidung gefallen ist, der ich auch zustimmen kann. Ich
gratuliere der Schwedischen Akademie zu dieser Entscheidung, die
bestimmt auch grundsätzlich dem Nobelpreis zu einem besseren Image
verhelfen wird".
Auch Gerhard Roth empfindet die Vergabe als "eine großartige
Entscheidung. Ich habe ihn vor einem Jahr kennegelernt, nachdem ich
ihn in Budapest angerufen und um ein Treffen gebeten hatte. Sein
'Roman eines Schicksallosen' ist für mich eines der herausragenden
Werke über den Holocaust. Das außergewöhnliche an ihm ist, dass er in
zwei totalitären Regimes um seine Existenz kämpfen musste. Seine
Bücher sind ein 'erlebter Kafka', sein Stil erinnert an Camus und
Bernhard.
"Identität von Form
und Inhalt"
Als "eine der gescheitesten Entscheidungen seit langen" beurteilte
Josef Haslinger die Vergabe. Großartig finde er, dass "Werk und Leben
des Imre Kertesz eine Einheit bilden. Seine Bücher vermitteln eine
große Ernsthaftigkeit. Er war sein Leben lang immer kompromisslos und
ließ sich nicht unterkriegen. Vielleicht war es der Umstand, in ganz
jungen Jahren nach Auschwitz gekommen zu sein, was ihn sozusagen
keine Lust haben ließ, sein weiteres Leben zu verblödeln. Er ist kein
Sprachdrechsler und will nicht durch äußere Form brillieren. Aber er
hat das, was so selten jemand hat: die berühmte Identität von Form
und Inhalt."
Elfriede Jelinek: "Ich bin wahnsinnig glücklich und aufgeregt,
denn ich habe Imre Kertesz' Nobelpreis schon vor drei Jahren
prophezeit und bin froh, Recht behalten zu haben. Ich wüsste kaum
jemanden, der den Preis mehr verdient als er, und ich bewundere seine
wahnsinnig formale Genauigkeit und Präzision, auch den leichten
sarkastischen Tonfall. Er hat den schrecklichen Inhalt seines Lebens
in Kunst verwandelt. Besonders an 'Kaddisch für ein nicht geborenes
Kind' denke ich mit Bewunderung. Es ist von einer heiteren
Traurigkeit, an Bernhard erinnernd. Ungarn hat jetzt auch einen
Preisträger, was mich zusätzlich freut, denn es ist ein kleines und
sehr begabtes Land". (APA)