Gericht: Ex-SS-Mann Priebke darf "Kriegsverbrecher" genannt werden
Keine Tatsachenbehauptung, sondern Meinung
Redaktion
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Nürnberg - Der Filmproduzent Artur Brauner darf den
früheren SS-Hauptsturmführer Erich Priebke auch weiterhin einen
"Kriegsverbrecher" nennen, der "Zigtausende auf dem Gewissen" hat.
Auch die Charakterisierung als "Massenmörder" muss Priebke in Zukunft
weiter hinnehmen. Die entsprechende Berufungsklage Priebkes gegen den
Filmproduzenten hat das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg in einem am
Donnerstag verkündeten Urteil abgelehnt. Das Gericht bestätigte damit
ein erstinstanzliches Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 31.
Mai 2001. Eine Revision gegen das Urteil hat das OLG nicht
zugelassen.
Das Oberlandesgericht begründete sein Urteil damit, dass Brauners
Aussagen keine Tatsachenbehauptungen seien, sondern eine Meinung.
Diese sei vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Bei der
Abwägung zwischen dem Ehrenschutz Priebkes und dem Recht auf freie
Meinungsäußerung Brauners habe der Beklagte "mit seiner Kritik am
Verhalten des Klägers die Grenze einer zulässigen Meinungsäußerung
nicht überschritten", argumentierte das Gericht. Die von Brauner
gebrauchten Formulierungen beschrieben eine moralische
Mitverantwortung des Klägers an den von SS-Angehörigen verübten
Taten.
Unstrittig ist in den Augen des Gerichts vor allem Brauners
"Kriegsverbrecher"-Äußerung. Schließlich sei Priebke im März 1998
wegen der Erschießung von 335 italienischen Zivilpersonen in den
Ardeatinischen Höhlen bei Rom vor einem italienischen Gericht zu
lebenslanger Haft verurteilt worden. Auch mit seiner Äußerung, der
Ex-SS-Mann habe "Zigtausende auf dem Gewissen", habe Brauner nach
Ansicht des Gerichts "die Grenze der Schmähkritik nicht
überschritten". Die Formulierung sei vielmehr so auszulegen, dass
Priebke als SS-Mitglied "im moralischen Sinne für den Tod von
Tausenden von Menschen mitverantwortlich ist", urteilte der achte
Zivilsenat.
Hintergrund des Rechtsstreits ist eine Zeitungsanzeige Brauners in
der Tageszeitung "Die Welt" vom 12. Februar 2000. Darin hatte er die
seiner Ansicht nach überzogene Medienberichterstattung über die
CDU-Spendenaffäre kritisiert. Brauner betonte in der Annonce unter
anderem: "Um jeden Verdacht von mir zu weisen: Ich bin kein CDU-Fan,
schon gar nicht, nachdem ich vor kurzem erfuhr, dass der CDU-Mann
Dregger intensive Initiativen entfaltet, um den Kriegsverbrecher
Priebke, der Zigtausende auf dem Gewissen hat, auf dem Gnadenweg der
deutschen Gesellschaft zuzuführen". Die "Massenmörder"-Aussage war in
einem Interview mit den "Nürnberger Nachrichten" gefallen. (APA/dpa)
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