Nahost
Harsche Kritik an israelischem Angriff
USA "tief beunruhigt" wegen hoher Zahl der zivilen Opfer - EU-Außenpolitiker Solana verurteilt israelisches Vorgehen
Khan Yunis - Die israelische Militäraktion am Montag
im Gazastreifen, bei der mindestens 14 Palästinenser getötet und rund
110 verletzt wurden, stößt auf scharfe internationale Kritik. Das
US-Außenministerium zeigte sich "tief beunruhigt",
EU-Außenbeauftragter Javier Solana verurteilte das israelische
Vorgehen. Allein zehn Menschen kamen in Khan Yunis beim Abschuss
einer Rakete aus einem Kampfhubschrauber ums Leben, später wurde dort
auch ein Krankenhaus beschossen. Die palästinensische
Autonomiebehörde sprach von einem Massaker, Israel von einer
notwendigen Maßnahme gegen den bewaffneten Widerstand von
Extremisten. Rund 40 israelische Panzer rückten kurz nach Mitternacht in zwei
Kolonnen nach Khan Yunis und das angrenzende Flüchtlingslager ein.
Der Armee zufolge kam es kurze Zeit später zu Feuergefechten mit
bewaffneten Palästinensern im Amal-Viertel. Dieses gilt als Hochburg
der militanten islamistischen Hamas-Bewegung. Einer ihrer örtlichen
Anführer wurde festgenommen. Die Rakete wurde erst gegen Ende der
Operation abgefeuert, nachdem die Truppen laut Brigadegeneral Israel
Ziff auf heftigen Widerstand und fortgesetzten Beschuss gestoßen
waren. Nach palästinensischen Angaben handelte es sich bei den Opfern
ausschließlich um Zivilpersonen.
Später feuerte die Armee Maschinengewehrsalven auf das Krankenhaus
von Khan Yunis ab, wohin die meisten Opfer gebracht worden waren.
Dabei gab es einen weiteren Toten und mehrere Verletzte. Der Armee
zufolge waren die Soldaten zuerst beschossen worden. Hinter der
Klinik hatten sich mehr als 500 Menschen versammelt, um den Toten in
der Leichenhalle die letzte Ehre zu erweisen.
EU appeliert an Palästinenser, auf Vergeltung zu verzichten
Die Europäische Union verurteilte das israelische Vorgehen in
ungewöhnlich scharfer Form und appellierte zugleich an die
Palästinenser, auf Vergeltung zu verzichten. In einer in Brüssel
verbreiteten Erklärung hieß es: "Es gibt keine Rechtfertigung für
Militäraktionen, die sich wahllos gegen Wohngebiete richten, egal ob
palästinensische oder israelische." Der außenpolitische Beauftragte
der EU, Javier Solana, zeigte sich entsetzt über die Zahl der Opfer.
Solana hält sich seit dem Wochenende zu Gesprächen in der Region auf.
In einer Erklärung des russischen Außenministeriums wurde weiters das
Ausmaß der Militäroperation als "eindeutig unangemessen" verurteilt.
Auch die französische Regierung äußerte sich besorgt über die neue
Eskalation.
US-Außenminister Colin Powell traf unterdessen mit dem
palästinensischen Finanzminister Salam Fayed zusammen. Laut
Außenamtssprecher Richard Boucher ging es dabei um US-Unterstützung
für die Palästinenser. Eine Entscheidung darüber stehe jedoch nicht
unmittelbar bevor. Das US-Außenministerium äußerte sich weiters am
Montag "tief beunruhigt" über die israelische Militäraktion in Gaza,
da "viele der Opfer Zivilpersonen" gewesen seien. "Wir erwarten
unverzügliche Maßnahmen, damit sich solche tragischen Vorfälle nicht
wiederholen", sagte Boucher.
Hamas und Fatah schwören Rache
Die Hamas und die Fatah-Bewegung des palästinensischen Präsidenten
Yasser Arafat haben Rache geschworen. Der israelische
Regierungsberater Raanan Gissin machte die Palästinenser für die
Opfer unter Zivilisten verantwortlich. Die Zivilpersonen würden von
den militanten Kräften als Schutzschilde missbraucht. Die israelische
Regierung gab am Montag die Festnahme von drei israelischen Arabern
bekannt, die Bombenanschläge geplant haben sollen. Die Männer seien
im März von der Hamas rekrutiert worden.
Zwei Hamas-Mitglieder bei Schießerei mit der Polizei getötet
Am Montag kam es auch zu mehreren blutigen Vorfällen im
Gazastreifen zwischen der palästinensischen Polizei und der radikalen
Hamas. Der Chef der Kampfeinheiten der Polizei, Rajib Abu Lehiya,
wurde in Gaza von maskierten Männern in seinem Auto erschossen. Nach
Angaben der Polizei handelt es sich offenbar um einen Racheakt der
Hamas. Bei einer Schießerei zwischen der Polizei und Hamas-Anhängern
in Gaza-Stadt wurden zwei Menschen getötet, zwei weitere
Hamas-Anhänger kamen bei Zusammenstößen im Flüchtlingslager Nusseirat
ums Leben. Palästinenserpräsident Yasser Arafat drohte daraufhin den
Verantwortlichen mit der "eisernen Faust". Niemand dürfe die
inner-palästinensische Einheit schwächen.(APA/AP)