Inland
Steuerreform: FPÖ attackiert ÖVP
Reichhold: Volkspartei hat nichts für kleinere Einkommen übrig - Freiheitliche bestehen weiter auf Entlastung
Wien - Auf deutliche Kritik der FPÖ-Spitze stößt das Hin und
Her von VP-Klubobmann Andreas Khol in Sachen Steuerreform. Dass die
Volkspartei nun doch einen ersten Entlastungsschritt im kommenden
Jahr ablehne, "zeigt, dass die ÖVP für kleine und mittlere Einkommen
nichts übrig hat", erklärte Partei-Chef Mathias Reichhold bei einer
Pressekonferenz Dienstag Vormittag. Gleichzeitig betonte er ein
weiteres Mal, dass die Freiheitlichen für das kommende Jahr eine
komplette steuerliche Freistellung von Jahreseinkommen bis zu 14.500
Euro anstreben. Khol hatte in der ORF-Pressestunde vom Sonntag gemeint, dass er
als "Vorgriff" auf eine große Steuerreform die Einkommen bis 1.000
Euro schon 2003 monatlich steuerfrei stellen wolle. Am darauf
folgenden Tag revidierte er diese Aussage und meinte, die nächste
Entlastung gebe es erst mit 1. Jänner 2004. Reichhold interpretiert
dies in die Richtung, dass Khol ursprünglich das "soziale Wissen"
geplagt habe. Allerdings sei der Klubchef schon 24 Stunden später
wieder vom Wirtschaftsflügel seiner Partei zurückgepfiffen worden.
Dies sei zur Kenntnis zu nehmen, meinte Reichhold. Für ihn ist
diese Episode aber immerhin Beleg dafür, wie wichtig die
Freiheitlichen als soziales Gewissen einer Regierung seien.
Sozialminister Herbert Haupt (F) ergänzte, dass die ÖVP schon bei
anderen Materien wie Kindergeld und Abfertigung neu ursprünglich
skeptisch bis ablehnend gewesen sei und diese dann doch unter dem
Druck der Freiheitlichen mit umgesetzt hätte. Daher sei er guten
Mutes, auch in einer allfälligen Neuauflage der Koalition mit der ÖVP
eine Politik zu Gunsten der kleinen Einkommen umsetzen zu können.
Drei wesentliche Punkte
Wesentlich sind für die Freiheitlichen dabei drei Punkte. Zunächst
verlangte Reichhold, dass Jahresbruttoeinkommen bis hin zu 14.500
Euro steuerfreigestellt, also "brutto für netto ausgezahlt werden".
Kosten würde dies etwa 0,18 Prozent des BIP oder 385 Millionen Euro.
Zusätzlich verlangt die FPÖ die Wertsicherung der Mindestpensionen
(das heißt eine garantierte Inflationsabgeltung) in den
Verfassungsrang zu erheben; und schließlich besteht Reichhold auf der
Einführung eines Mindestlohns von 1.000 Euro monatlich. Sollten sich
die Sozialpartner hier auf keinen entsprechenden
Generalkollektivvertrag einigen können, sei die FPÖ dafür, dies auf
eine gesetzliche Basis zu stellen.
Die Notwendigkeit dieser Maßnahmen unterstrich auch FP-Vize,
Wirtschaftssprecher Thomas Prinzhorn. Denn die Regierung habe zwar
Akzente für die Wirtschaft gesetzt, nicht aber zu gleichen Teilen für
die Arbeitnehmer. Umso "glücklicher" sei er, dass der Finanzminister
nun bereits im Rahmen der anstehenden Pensionsanpassung etwas in
diese Richtung tun könne. Während Prinzhorn die Umsetzung des
freiheitlichen Steuerpakets gestern als Koalitionsbedingung
bezeichnet hatte, blieb Reichhold heute vorsichtiger:
"Selbstverständlich werden wir das verhandeln". Immerhin seien das
sehr wichtige Themen für die FPÖ.
Broschüre
Getätigt wurden diese Aussagen anlässlich der Präsentation einer
neuen Broschüre mit dem Titel "Österreich trägt unsere Handschrift".
In dem blauen Folder werden in Form eines "Erfolgs-ABC" die
Leistungen der freiheitlichen Regierungsmannschaft penibel
aufgelistet. Von Seite zwei lächeln den Leser noch alle
FPÖ-Regierungsmitglieder an - also auch Vizekanzlerin Susanne
Riess-Passer und Finanzminister Karl-Heinz Grasser, die ja nach den
Turbulenzen bei den Freiheitlichen ihren Rückzug aus der Politik
angekündigt haben. (APA)