Wien - Bei den allgemeinen Wahlen in Bosnien-Herzegowina am Samstag haben nationalistische Parteien Erfolge verbuchen können. Reformorientierte und moderatere Kräfte haben hingegen Stimmenverluste bei den Wahlen für das Zentralparlament sowie die Parlamente in den beiden Gebietseinheiten, der bosniakisch-kroatischen Föderation und der Republika Srpska, hinnehmen müssen. Im Folgenden eine Aufstellung der stimmenstärksten Parteien in den beiden Entitäten nach den Wahlen:In der bosniakisch-kroatischen Föderation: SDA - Partei der Demokratischen Aktion: Die 1990 auf ethnischer Grundlage von Ex-Präsident Alija Izetbegovic gegründete Partei tritt als "einzige Verteidigerin der moslemischen Interessen" auf. Vor allem in der Landbevölkerung genießt die von Sulejman Tihic geführte Partei großes Ansehen. Politisches Hauptziel der SDA ist die Auflösung der Republika Srpska und die Schaffung eines unitaristischen Staates. Die Partei strebt sowohl die weitere Kooperation mit islamischen Ländern als auch die europäische Integration an. HDZ - Kroatische Demokratische Gemeinschaft in Bosnien-Herzegowina: Mit Abstand stärkste Partei der bosnischen Kroaten. Entscheidenden Einfluss hat die HDZ in der mehrheitlich von Kroaten bewohnten Herzegowina. Die 1990 als Tochterpartei der HDZ des kroatischen Ex-Präsidenten Franjo Tudjman gegründeten Partei versteht sich auch nach der Entmachtung von Hardlinern als "Hüterin der nationalen kroatischen Interessen". Die von Barisa Colak geführte Partei setzt sich für ein größeres Maß an Selbstverwaltung innerhalb der Föderation ein. Extremistischere Exponenten fordern die Loslösung von Sarajewo und Bildung einer dritten Entität. SBiH - Partei für Bosnien-Herzegowina: Das Mitglied der Allianz für Wandel vertritt sowohl "moderne" als auch national(istisch)e Standpunkte. Parteichef Haris Silajdzic tritt teils noch vehementer als die SDA für die Auflösung der bosnisch-serbischen Entität ein. Die SBiH macht von der Bildung eines einheitlichen Staates die Lösung aller Probleme abhängig, wie wirtschaftliche Reformen, Flüchtlingsrückkehr, Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, europäische Integration usw. SDP - Sozialdemokratische Partei: Die stärkste Partei der in Sarajewo regierenden Allianz für Wandel gilt als multiethnisches Bündnis, hat einige kroatische und serbische Mitglieder in ihren Reihen und genießt in der internationalen Gemeinschaft großes Vertrauen. Abseits von nationalen Themen konzentriert sich die von Außenminister Zlatko Lagumdzija geführte Partei auf wirtschaftliche und soziale Reformen. Die SDP, die vor allem in größeren Städten Bosniens große Popularität genießt, orientiert sich vor allem an skandinavischen sozialdemokratische Parteien. In der Republika Srpska: SDS - Serbische Demokratische Partei: Die von Ex-Präsident und mittlerweile vom UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag angeklagten Radovan Karadzic 1990 strikt auf nationaler Ebene gegründete Partei ist nach wie vor die stärkste politische Interessensvertretung der bosnischen Serben. Die von Mirko Sarovic geführte Partei tritt vorrangig (wie auch alle anderen bosnisch-serbischen Parteien) für den Erhalt der Republika Srpska ein. Obwohl in der SDS die schärfsten Nationalisten entmachtet wurden und sie nach Eigendefinition eine Partei des demokratischen Zentrums ist, beruht ein großer Teil ihrer Politik weiter auf nationalen Grundsätzen. SNSD - Partei der Unabhängigen Sozialdemokraten: Genießt die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft, die gerne den ehemaligen Premier und Parteivorsitzenden Milorad Dodik wieder als starken Mann in der Republika Srpska sehen würde. Wie auch alle anderen bosnisch-serbischen Parteien basieren die Sozialdemokraten ihr Programm auf den Dayton-Vertrag. Die SNSD tritt vor allem für eine liberalisierte Wirtschaft ein. PDP - Partei des Demokratischen Fortschrittes: Die vom jetzigen bosnisch-serbischen Ministerpräsidenten Mladen Ivanic geführte Partei ist nicht durch die Kriegsereignisse belastet. Sie konzentriert sich vor allem auf Wirtschaftsreformen und sucht die Unterstützung der jungen Wähler. Ivanic gilt als Wirtschaftsexperte und kompromissbereiter Politiker, der allerdings auch die nationalistische Karte zu spielen weiß. (APA)