Washington/Bagdad - In der US-Administration kam es am Wochenende erneut zu Unstimmigkeiten über das weitere Vorgehen gegen den Irak: Noch Freitagabend deutete US-Außenminister Colin Powell an, Saddam Hussein könnte im Amt bleiben, falls er mit den USA kooperiere und seine Waffenarsenale abrüste. Am Samstag stellte US-Präsident George W. Bush die Zeichen allerdings wieder auf Krieg: Das irakische Waffenprogramm sei eine "schwer wiegende und wachsende" Gefahr für die USA, die Massenvernichtungswaffen müssten sofort beseitigt werden, erklärte er in seiner wöchentlichen Rundfunkansprache. Ein Angriff auf den Irak könnte "unvermeidlich" werden.

"Grausamer Mann"

In New Hampshire sagte Bush auf einem Republikaner-Konvent, es sei nicht die Zeit für Verhandlungen: "Da gibt es nichts mehr zu bereden." Saddam sei ein "grausamer und gefährlicher Mann", der die Welt seit mehr als elf Jahren über sein Programm von Massenvernichtungswaffen getäuscht habe. Er habe Verbindungen zu Terrorgruppen und sei für die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen verantwortlich. - Damit, so scheint es, dürfte auch der Tenor der Rede an die Nation vorgegeben sein, die Bush heute, Montag, halten will.

Im UNO-Sicherheitsrat drängen die USA weiterhin auf eine neue Resolution, die ihnen weitgehend freie Hand für einen Angriff geben soll. Dabei werden die USA von Großbritannien unterstützt. Die übrigen drei Vetomächte im Sicherheitsrat - Russland, Frankreich und China - kritisieren, dass der US-Entwurf einen Automatismus zur Gewaltanwendung enthalte.

Russland bekräftigte erneut seine Forderung nach einer schnellstmöglichen Rückkehr der Inspektoren in den Irak. Die USA wollen aber zuvor die neue Resolution und haben inzwischen auch den Chef der UNO-Inspektoren, Hans Blix, darauf eingeschworen. Blix hatte nach technischen Gesprächen mit den Irakern in Wien zunächst eine Rückkehr der Inspektoren für Mitte Oktober in Aussicht gestellt. Nach einem Gespräch mit US-Außenminister Colin Powell erklärt er aber, er werde eine neue Resolution abwarten.

Iraks Außenminister Sabri besuchte unterdessen Bahrain, wo das Hauptquartier der 5. US-Flotte stationiert ist, und danach Oman, das ebenfalls enge Beziehungen zu Großbritannien und den USA hat. Der Minister warnte vor den Folgen einer US-Intervention für die gesamte Region. Bahrain, Oman und andere arabische Länder haben signalisiert, sie würden Aktionen gegen den Irak unterstützen, wenn sie von der UNO gebilligt würden. Iran will US-Kampfflugzeuge nicht als Feinde betrachten, falls sie versehentlich den iranischen Luftraum verletzen.

Israel bereitet nach Informationen der New York Times indes den Aufbau einer neuen Raketenabwehr vor. Das "Arrow"-System koste über zwei Milliarden Dollar (2,03 Mrd. Euro) und werden von den USA mitfinanziert, berichtete das Blatt am Sonntag. Israels Premier Ariel Sharon verordnete seinen Ministern zudem Stillschweigen über allfällige Termine für einen Angriff auf den Irak. Verteidigungsminister Benjamin Ben-Eliezer hatte erst unlängst gesagt, der US-Angriff starte Ende November. (DER STANDARD, Printausgabe, 7.10.2002)